Steuerhinweis für Rentner Nr. 45 03.03.2023
mit den ab 1.1.2009 geltenden Änderungen durch
das Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008
1. Vorbemerkungen
Im Alter stellt man sich häufiger als sonst die Frage, welchen Anteil der Staat fordert, wenn man sein Vermögen verschenkt (Schenkungen unter Lebenden) oder im Todesfall vererbt (Erwerb von Todeswegen) und ob es Möglichkeiten gibt, die Steuerbelastung zu vermeiden oder zumindest zu mildern.
Bereits zum 1.1.1996 war die Schenkungs- und Erbschaftsteuer grundlegend neu geregelt worden. Dabei gelten gleiche Regelungen für Vermögensübertragungen unter Lebenden und für Erbschaftsfälle. Mit der Reform wurden neben den Steuersätzen auch die Freibeträge erheblich angehoben. Da für das Grundvermögen auch nach dieser Gesetzesänderung Beträge angesetzt wurden, die erheblich unter dem Verkehrswert lagen, hat das Bundesverfassungsgericht diese Regelung des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, das Erbschaftsteuerrecht zumindest bezüglich der Bewertung von Grundvermögen zu ändern.
Die ab 1.1.2009 vorgenommenen Gesetzesänderungen ergeben sich aus der nachfolgenden Darstellung des geltenden Rechts und sollten den Bedenken des Bundesrechnungshofs Rechnung tragen. Aber auch dieses Gesetz ist weiterhin in einzelnen Punkten (z.B. Befreiung bei Betriebsfortführung durch den Erben) strittig. Der Bundesfinanzhof hat daher durch Beschluss vom 27.9.2012 dem Bundesverfassungsgericht erneut die Frage vorgelegt, ob das geltende Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) verfassungsgemäß ist.
Bei dem geltenden Recht sind folgende Regelungen besonders zu beachten:
Die gesetzlichen Freibeträge sind auf jeden Erwerbsfall anzuwenden. Ein Alleinerbe kann daher nur seine Freibeträge berücksichtigen, in einer Erbengemeinschaft dagegen jeder Beteiligte für seinen Anteil. Vermögensübertragungen, die an dieselbe Person innerhalb von 10 Jahren stattfinden, sind zusammengefasst zu beurteilen. Liegen die Schenkungen zunächst unter den Freibeträgen, führen weitere Vermögensübertragungen innerhalb dieses Zehnjahreszeitraums bei Überschreiten der Freibeträge zur Entstehung von Steuern.
Eine besondere Bedeutung gewinnt die neu geschaffene Befreiungsvorschrift für Wohneigentum, wenn das von dem erwerbenden Ehepartner oder den Kindern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Ob und ggf. in welcher Höhe nach dem vorhandenen Vermögen und dem geltenden Recht eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer entstehen kann, ergibt sich aus den Abschnitten 2 ff., die jedoch nur die wichtigsten Regelungen und z.T. auch nur unvollständig wiedergeben können. Es werden daher auch die Fundstellen (§§) zwecks Vertiefung der angesprochenen Regelung angegeben.
Zu beachten ist aber, dass wegen der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit durch den Bundesrechnungshof, evtl. Steuerbescheide nur vorläufig erteilt werden und daher keine endgültige Rechtssicherheit schaffen.
2.Ermittlung des Vermögens und der Bemessungsgrundlagen
Der Schenkungs- und Erbschaftsteuer unterliegen u.a. folgende Vermögenswerte: Wohn- und Teileigentum
• Barvermögen mit dem Barbetrag
• Wertpapiere mit dem Kurswert
• sonstige Vermögensgegenstände mit dem Verkehrswert
• Grundvermögen ab 1.1.2009 mit folgenden Werten anzusetzen:
Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich nach der Grundfläche und dem vom Gutschafterausschuß festgestellten Bodenrichtwert (§ 179 BewG).
Der Wert bebauter Grundstücke ist gem. § 182 BewG für sowie für Wohn-und Teileigentum sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser mit dem Vergleichswertverfahren (Ableitung aus Kaufpreisen von vergleichbaren Grundstücken bzw. die durch Gutachterausschüsse festgelegten Vergleichspreise, § 183 BewG) zu ermitteln.
Mietwohngrundstücke und Geschäftsgrundstücke mit gemischter Nutzung, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln läßt, sind nach dem Ertragswertverfahren (Summe aus Bodenwert und Gebäudeertragswert, § 184 ff. BewG) zu bewerten.
Für alle anderen Grundstücke (Geschäftsgrundstücke) gilt das Sachwertverfahren (Ableitung aus Regelherstellkosten, § 189 ff. BewG).
Zu Wohnzwecke vermietete Grundstücke sind jedoch nur mit 90% ihres Wertes anzusetzen (§ 13 c ErbStG).
3. Steuerklassen (§ 15 ErbStG)
Für die Anwendung der Freibeträge und Steuerklassen ist von entscheidender Bedeutung, welcher Steuerklasse der Vermögensempfänger zuzuordnen ist. Dabei gilt der Grundsatz, je enger das Familienverhältnis ist, um so größer sind die Freibeträge und niedriger die Steuersätze. Folgende Steuerklassen gibt es:
Steuerklasse | Vermögensempfänger ist / sind |
I a | Ehegatte oder eingetragener Lebenspartnerin |
I b | Kinder und Stiefkinder sowie Enkel, falls deren Eltern verstorben sind |
I c | übrige Enkel sowie bei Erwerb von Todeswegen auch Eltern und Großelter |
II | Eltern und Großeltern bei Erwerb unter Lebenden sowie Geschwister, Neffen, Nichten, Schwiegereltern und -kinder, Stiefeltern, geschiedener Ehegatte |
III | alle übrigen Erwerber / Erben |
4. Freibeträge und sonstige Abzüge (§ 13 ErbStG)
4.1. Befreiung für selbst genutzte Wohnimmobilien (§ 13 Abs.1 Nr.4)
• Die Vererbung einer selbst genutzten Wohnimmobilie an einen Ehegatten bzw. an einen eingetragenen Lebenspartner bleibt ohne Wertbegrenzung steuerfrei, wenn das Objekt nach dem Erwerbsvorgang 10 Jahre lang von dem Erben selbst zu Wohnzwecken genutzt wird. Damit muss ein Ehepartner nicht mehr befürchten, dass das von ihm nach dem Tod des Partners weiter bewohnte Gebäude bis zu seinem Tode der Erbschaftsteuer unterliegt, selbst wenn es eine Million Euro und mehr wert ist.
• Die Vererbung einer selbst genutzten Immobilie an Kinder bzw. an Enkel, deren Elternteil zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben ist, bleibt bis zu einer Wohnfläche von 200 qm steuerfrei, wenn der Erbe das Familienheim 10 Jahre lang zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Bei größeren Flächen ist der anteilige Mehrwert als Vermögen zu erfassen.
• Wird in den genannten Fällen die Wohnimmobilie innerhalb der Zehnjahresfrist verkauft oder vermietet, entfällt die Steuerfreiheit rückwirkend, so dass die Steuer nacherhoben wird und ggf. aus dem Verkaufserlös oder Mieteinnahmen zu begleichen ist. Eine Nachversteuerung entfällt, wenn z. B. durch Tod oder erheblicher Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe 3) oder aus anderen zwingenden objektiven Gründen die Selbstnutzung aufgegeben werden muss.
4.2. Steuerbefreiung für Betriebsvermögen usw. (§ 13 a ErbStG)
Zur Sicherung von Betriebsnachfolgen und Erhaltung von Arbeitsplätzen wurden bei der Übertragung von Betriebsvermögen, Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und Anteilen an Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen Steuerbefreiungen geschaffen, die inzwischen bezüglich der Verfassungsmäßigkeit auf dem Prüfstand stehen.
4.3. Persönliche Freibeträge (§ 16 ErbStG)
Auf die unter 2. dargestellte Bemessungsgrundlage sind nach Abzug von Schulden, des Werts einer unter 4.1. beschriebenen steuerbefreiten Wohnimmobilie und des unter 4.2.dargestellten befreiten Betriebsvermögens usw. zusätzlich folgende Freibeträge (in EURO) anzuwenden:
Steuerklasse | sachliche | persönliche | Versorgungs-freibeträge *) |
I a | 500.000 | 256.000 | |
I b | gilt für alle Steuerklassen | 400.000 | zusätzlich bis |
I c | Enkel 200.000 | ||
II | 20.000 | ||
III | 20.000 |
*) Der Versorgungsfreibetrag wird jedoch bei verwitweten Ehepartnern nur gewährt, soweit er den Kapitalwert der erbschaftsteuerfreien Versorgungsbezüge (z. B. aus einer Betriebsrente) übersteigt. Bei Ehepartnern, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ist der Zugewinnausgleich zusätzlich steuerfrei.
Steuerfrei sind Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten (Mit-) Eigentum an einem inländischen, zu Wohnzwecken genutzten Haus (Eigentumswohnung) verschafft (§ 13 Abs.1 Nr. 4a ErbStG). Entsprechendes gilt bei Freistellung für eingegangene Verpflichtungen und für nachträglichen Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand, die ein Ehegatte für ein Familienwohnheim des anderen Ehegatten oder bei gemeinsamem Wohneigentum trägt.
Sachlich befreit sind u.a. auch übliche Gelegenheitsgeschenke (z.B. zum Geburtstag).
Schuldenabzug
Außerdem sind beim Erwerb von Todes wegen u. a. abzugsfähig die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachte Pflichtanteile und Erbersatzansprüche sowie sonstige Schulden des Erblassers.
Auch können die nachgewiesen Kosten für die Bestattung des Erblassers und ein angemessenes Grabmal und dessen Pflege abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung entstehen. Ohne Einzelnachweis können dafür 10.300 € vom Erwerbswert abgezogen werden.
5. Steuersätze (§ 19 ErbStG)
Auf den nach Abzug aller Freibeträge und Abzugsbeträge verbleibenden Wert des steuerpflichtigen Erwerbs sind folgende Steuersätze anzuwenden. Dabei richtet sich der Steuersatz nach der Höhe des steuerpflichtigen Vermögens. Der Steuersatz ist einheitlich auf den gesamten zu besteuernden Wert anzuwenden (Steuersatz in % bei Steuerklasse):
Steuerpflichtiger |
|
|
|
75.000 | 7 | 15 | 30 |
300.000 | 11 | 20 | 30 |
600.000 | 15 | 25 | 30 |
6.000.000 | 19 | 30 | 30 |
13.000.000 | 23 | 35 | 50 |
26.000.000 | 27 | 40 | 50 |
über 26.000.000 | 30 | 43 | 50 |
6. Stundung und Befreiung in besonderen Fällen
Bei Erwerb von vermieteten Wohnimmobilien bzw. eines selbst genutzten Ein- oder Zweifamilienhauses bzw. eines Wohneigentums kann die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu 10 Jahren gestundet werden, wenn anderenfalls zur Zahlung der Steuer die Veräußerung des Grundstücks erforderlich wäre. Eine Stundung ist auch zur Erhaltung eines ererbten Betriebs- oder land- und forstwirtschaflichen Vermögens möglich (§ 28 ErbStG).
Grundbesitz, Kunstgegenstände u.ä. sind gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu 85 % ihres Wertes steuerfrei, wenn deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Unterliegen diese Wirtschaftsgüter der Denkmalpflege, können sie sogar voll befreit werden.
Hat ein Erbe von einem Erblasser ein Vermögen steuerpflichtig geerbt, bleibt dieser Erwerb bis zu 20.000 € steuerfrei, wenn er den Erblasser unentgeltlich oder zu einem geringen Entgelt gepflegt oder Unterhalt gewährt hat (§ 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG).
7.Steueranmeldung und -erhebung (§§ 20 und 31 ff. ErbStG)
Die Steuerpflicht tritt bei inländischen Schenkern mit dem Zeitpunkt der Zuwendung und bei Erwerben im Todesfall grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers ein, soweit nicht in Einzelfällen (z. B. bei Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen) ein späterer Zeitpunkt vorgesehen ist. Steuerschuldner ist der Erwerber, bei Schenkungen aber auch der Schenker.
Das Finanzamt kann von jedem am Erbfall oder an der Schenkung Beteiligten die Abgabe einer Steuererklärung verlangen.
Darüber hinaus haben Personen, die sich geschäftsmäßig mit der Verwahrung oder Verwaltung fremden Vermögens befassen (Testamentsvollstrecker, Versicherungsunternehmen usw.) die gesetzliche Verpflichtung, dem zuständigen Finanzamt Anzeige über steuerpflichtige Vorgänge zu erstatten. Entsprechende Anzeigepflichten bestehen auch für Gerichte, Behörden, Beamte und Notare.
Helmut Laser