Steuerhinweis für Rentner Nr. 102 vom 24.2.2018
Regelungen für Rentenbezieher im Todesfall des Partners oder bei Trennung
1. Vorbemerkung
Am 30.12.2015 wurde mit dem Steuerhinweis für Rentner Nr. 69 die immer häufiger gestellte Frage behandelt, welche Ansprüche hat ein Ehegatte nach dem Tod des anderen Ehepartners aus dessen Rentenanspruch oder, was verbleibt der Witwe oder dem Witwer von den bisherigen gemeinsamen Einkünften nach Abzug der Abgaben zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten. Im Steuerhinweis für Rentner Nr. 72 vom 22.3.2016 wurde dieses Thema nochmals aufgegriffen und durch Beispiele erläutert. Da der erste Steuerhinweis noch unter www.helmutlaser.de veröffentlicht wurde und die Anrechnungskriterien eigener Einkünfte der Witwe sich inzwischen verändert haben, wird das Thema nach dem Stand 2018 nochmals unter der neuen Homepage www.helmutlaser.com aktualisiert.
2. Rentenanspruch des Hinterbliebenen
Grundsätzlich hat nur der Versicherte selbst Anspruch auf Rente wegen Alters. Bei Verheirateten hat somit jeder Ehepartner seinen eigenen durch Beitragszahlungen erworbenen Rentenanspruch, der im Todesfall grundsätzlich untergeht. Allerdings erhält der überlebende Ehegatte den folgenden Ersatz für den durch den Tod des Partners entgangenen Unterhalt (§§ 46 und 67 SGB VI):
- Volle Rente des Verstorbenen bis zum Ende des 3. Kalendermonats nach dem Sterbemonat (Sterbevierteljahr).
- Anschließend erhält der/die Überlebende eine Hinterbliebenenrente in Höhe eines prozentualen Anteils der Rente des Verstorbenen (ggf. nach erfolgter Einkommensanrechnung).
Zu den Renten wegen Todes zählen die Witwen-, Witwer- sowie Waisenrenten, aber auch Renten an überlebende eingetragene Lebenspartner, Witwen- und Waisenrenten an vor dem 1.1.1977 geschiedene Ehegatten und Witwen- und Waisenrenten nach dem vorletzten Ehegatten oder dem vorletzten eingetragenen Lebenspartner sowie Erziehungsrenten.
Bei der Witwen-/Witwerrente ist zu unterscheiden zwischen der alten und der neuen Rechtslage.
a) Die alte Rechtslage gilt für diejenigen, deren Ehepartner vor dem 1. Januar 2002 gestorben ist oder deren Partner nach dem 31.12.2001 verstorben ist, wenn sie ihren Partner vor dem 1. Januar 2002 geheiratet haben und mindestens einer der Ehepartner vor dem 2. Januar 1962 geboren wurde.
b) Die neue Rechtslage gilt für Hinterbliebene, die nach dem 31.12.2001 geheiratet haben oder vor diesem Zeitpunkt geheiratet haben und sie oder ihr verstorbener Partner nach dem 1. Januar 1962 geboren wurden.
3. Berechnung der Hinterbliebenenrente und Anrechnung eigener Einkünfte
a) Die große Witwen-/Witwerrente beträgt lebenslang
55 % (nach alter Rechtslage 60 % gem. 255 SGB VI) der Rente des Verstorbenen, wenn
- der/die Hinterbliebene das 47. Lebensjahr vollendet hat oder
- erwerbsgemindert ist oder
- ein Kind erzieht, das nicht älter als 18 Jahre oder behindert ist.
Weitere Voraussetzung ist, dass der/die Verstorbene die Mindestversicherungszeit von 5 Jahren erfüllt hat oder im Todesfall bereits Rentner/Rentnerin war und dass der/die Hinterbliebene mit dem Partner verheiratet gewesen ist und nicht erneut geheiratet hat.
b) Anspruch auf die kleine Witwen-/Witwerrente hat ein Witwer / eine Witwe, wenn er/sie
die Voraussetzungen für eine große Witwen-/Waisenrente nicht erfüllt.
Diese Rente beträgt 25 % der Rente des verstorbenen Partners, wenn er mit dem Partner zu dessen Todeszeitpunkt verheiratet gewesen ist, er nicht erneut geheiratet hat und der verstorbene Partner die Mindestversicherungszeit von 5 Jahren erfüllt hat.
Sie wird längstens für 24 Monate gewährt. Der Anspruch besteht jedoch ohne Beschränkung, wenn der Ehegatte vor dem 1. Januar 2002 verstorben ist und gilt auch, wenn mindestens ein Ehegatte vor dem 2. Januar 1962 geboren ist und die Ehe vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurde (§ 242a SGB VI).
4. Anrechnung eigener Einkünfte
Hat der überlebende Ehepartner zur Unterhaltssicherung ein eigenes Einkommen (z. B. eine eigene Sozialversicherungsrente), so wird auf die Witwen-/Witwerrente ein Betrag angerechnet, der sich wie folgt errechnet:
Von dem eigenen Nettoeinkommen wird ein gesetzlich festgelegter Freibetrag abgezogen, der 2018 in den alten Bundesländern 819,19 € und in den neuen Bundesländern 783,82 € beträgt. Für jedes Kind mit Anspruch auf Waisenrente erhöht sich der Freibetrag um das 5,6 fache des aktuellen Rentenwerts, für 2018 also um 173,77 €. Die Freibeträge werden jährlich angepasst und betragen 2018 das 29,21 fache des Rentenwertes von 31,03 € (West) bzw. 29,69 € (Ost).
Von dem Betrag, den das Nettoeinkommen den Freibetrag übersteigt, werden 40 % auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet. Bei der vom Rentenversicherungsträger vorzunehmenden Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens sind neben der eigenen Rente auch alle anderen Einkommensarten wie z. B. Kapitaleinkünfte oder Mieteinnahmen zu berücksichtigen. Ausgenommen sind Renten aus steuerlich geförderten Altersvorsorge-Verträgen und die steuerfreien Einnahmen (wie z.B. Arbeitslosengeld II). Von den Einnahmen werden zur Ermittlung des Nettoeinkommens pauschal 40 %, bei Altersrenten 14 % für Sozialabgaben und Steuern abgezogen (ggf. auch individuell, wenn dem Versicherungsträger entsprechende Angaben gemacht werden).
Für Ehepaare, die vor dem 1.1.2002 geheiratet haben und mindestens einer der Ehepartner vor dem 2.1.1962 geboren wurde (alte Rechtslage), sind nach der Vertrauensschutzregelung nur Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen und keine Vermögenseinkommen (z. B. Zinsen) in die Einkommensberechnung einzubeziehen.
Beispiele:
Der Verstorbene bezog eine Altersrente von monatlich 1.500 €. Das ergibt eine Witwenrente von 900 € (60%).
Fall 1 Die Witwe bezieht selbst eine monatliche Altersrente von 1.000 € und hat monatliche Mieteinkünfte von 700 €. Auf das Bruttoeinkommen von 1.700 € sind für die Altersrente 14 % (140 €) und die Mieteinkünfte 40 % (280 €) abzuziehen. Das verbleibende Nettoeinkommen von 1.280 € übersteigt den Freibetrag von 819,19 € um 460,81 €. Davon sind 40 % (184,32 €) auf die Witwenrente von 900 € anzurechnen. Es verbleibt eine Witwenrente von 715,68 €.
Fall 2. Die Witwe ist berufstätig mit einem Monatsbrutto von 1.400 € und hat ein schulpflichtiges Kind. Nach Abzug von 40 % verbleibt ein Nettoeinkommen von 840 €. Der Freibetrag beträgt 819,19 € zuzüglich 173,77 € für das Kind. Da das Nettoeinkommen von 840 € die Freibeträge von 992,96 € nicht übersteigt, ist die Witwenrente von 900 € nicht zu kürzen und somit voll zu gewähren.
5. Rentenkürzung des Versorgungsausgleichs bei Scheidung
Wenn Ehepartner sich scheiden lassen, wird in der Regel auch ein Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei werden Versorgungsansprüche wie Rente, Pensionen und Betriebsrenten, die während der Ehe erworben wurden, so untereinander aufgeteilt, dass beide Ehepartner aus der Ehezeit gleich hohe Versorgungsansprüche haben. Der Ehepartner mit den höheren Versorgungsansprüchen gibt also Ansprüche ab.
Bezieht er zum Scheidungszeitpunkt bereits eine Rente oder geht er nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs in Rente, wird seine Rentenleistung entsprechend gekürzt. Hiervon gibt es seit 1.9.2009 die folgende Ausnahme:
5.1. Entfall der Rentenkürzung bei Tod des ehemaligen Ehepartners
Stirbt der durch den Versorgungsausgleich begünstigte frühere Ehepartner, bevor er drei Jahre lang Rente aus dem Versorgungsausgleich bezogen hat, kann dem Überlebenden ab dem Folgemonat der Antragstellung beim Rentenversicherer die eigene Rente ungekürzt ausgezahlt werden. Bei Tod des ehemaligen Ehepartners innerhalb der letzten 3 Jahre seit Scheidung mit Versorgungsausgleich ist daher umgehend der Antrag auf Entfall der Kürzung beim Rentenversicherer zu stellen. Das gilt auch für Bestandsrentner, deren Rentenkürzung nach bisherigem Recht nicht rückgängig gemacht werden konnte.
5.2. Unterhaltsverpflichtung ohne Rentenausgleich
Zahlt ein Rentner seinem früheren Ehepartner, der selbst noch keine Rente bezieht, eine Unterhaltszahlung, wird seine Rente nicht oder nur teilweise bis zur Höhe der Unterhaltszahlung gemindert. Entscheidungen hierzu muss das Familiengericht treffen.
6. Besteuerung der Versorgungsbezüge
Versorgungsbezüge sind sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) und unterliegen grundsätzlich der Einkommensbesteuerung. Allerdings sind von der Bruttorente Freibeträge abzuziehen, die sich nach dem Jahr des Versorgungsbeginns richten und sich von Jahr zu Jahr mindern, so dass der Besteuerungsanteil ab 2040 100 % beträgt.
Das Jahr des Versorgungsbeginns ist grundsätzlich das Jahr, in dem der Anspruch auf die Versorgungsbezüge entstanden ist und der Berechtigte außerdem die Altersgrenze (das 63. bzw. bei Schwerbehinderung das 60. Lebensjahr) erreicht hat. Erst mit dem Erfüllen beider Kriterien ist der Freibetrag aus der Tabelle gem. § 19 Abs. 2 Satz 3 EStG abzulesen. Auf Versorgungsleistungen z. B. aus einer Direktversicherung, die vor Erfüllung beider Kriterien erbracht werden, ist somit kein Freibetrag zu gewähren.
Ob die Rentenbezüge zu einer Steuer führen, ist von den Gesamteinkünften des Rentenbeziehers abhängig. Eine vereinfachte Berechnung und Einschätzung, ob eine Steuerschuld zu erwarten ist, lässt sich mit dem Steuerhinweis für Rentner Nr. 99 berechnen.
Auch die Beispielsrechnung im Steuerhinweis für Rentner Nr. 72 erläutert, welche Beträge einem Witwer / einer Witwe nach Abzug der Beiträge für Krankenkasse, Pflegeversicherung und Steuern im Todesjahr des Partners und den Folgejahren für seine Lebenshaltungskosten verbleiben.
Helmut Laser