Steuerhinweis für Rentner Nr. 104                                    vom 20.03.2018

Reicht Hartz IV zum Leben ?

Nachdem die neue Regierung sich gebildet hat, wurde die öffentliche Diskussion durch eine Äußerung des neuen Gesundheitsministers Jens Spahn angeheitzt. Dieser hatte erklärt, Hartz IV bedeute nicht Armut. Auch ohne eine Tafel bekämen die Hartz IV-Bezieher das, was sie zum Leben brauchen. In der Diskussion wird meist nur vom Regelbedarf von 416 € für Verpflegung und sonstige tägliche Kosten gesprochen (siehe Tabelle A) und keine Gesamtrechnung aufgemacht, die neben Miete sowie Heiz- und Warmwasserkosten auch noch die Übernahme von Krankheitskosten beinhaltet.  

Tabelle A  Hartz IV -Regelbedarf ab 1.1.2018

Nahrung, alkoholfreie Getränke

145,04 €

Freizeit, Unterhaltung, Kultur

39,91 €

Nachrichtenübermittlung

36,45 €

Bekleidung, Schuhe

36,45 €

Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung

36,89 €

Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände

25,64 €

andere Waren und Dienstleistungen

32,99 €

Verkehr

34,66 €

Gesundheitspflege

15,80 €

Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen

10,35 €

Bildung

1,06 €

Regelbedarf insgesamt

416,00 €


Mit dem Steuerhinweis für Rentner Nr. 54 (unter www.helmutlaser.de) war dieses Thema bereits 2014 unter der Überschrift "Sind Alleinerziehende die Benachteiligten unserer Gesellschaft?" erörtert worden. Nach wie vor werden die Alleinerziehenden mit Kindern als die Problemkreise der Kinderarmut besonders diskutiert und bei dem Reichtum der Deutschen mit der Forderung nach Erhöhung der Leistungen für Kinder wie z. B. Gebührenfreiheit und Kindergeld bedacht.

Stellt man die Leistungen des Staates für diese Personengruppe im Vergleich zu Personen und Familien dar, die ihr benötigtes Familieneinkommen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses selbst verdienen müssen, so stellt man fest, dass die Hartz IV -Bezüge für Alleinerziehende mit Kindern häufig höher sind als das, was von einem Arbeitseinkommen nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern verbleibt. So beträgt die monatliche Hartz IV -Gesamtleistung einer Alleinerziehenden mit einem Kind ca. 1.700 € und mit 2 Kindern ca. 2.200 € jeweils zuzüglich der freien Arzt-Leistungen. Als Arbeitnehmer müßten Alleinerziehende monatlich ein Bruttogehalt von 2.300 € bzw. 3.400 € verdienen, um denselben Betrag für den Lebensunterhalt zur Verfügung zu haben.

 Tabelle B  Hartz IV bei Alleinerziehenden mit Kind


Alleinerziehende 

 

Alleinerziehende 



mit zwei Kindern

 2018

mit einem Kind

2018

Regelbedarf 

Mutter  

416 €

 

416 €

 

5jähriges Kind

240 €

 

 

 

8jähriges   Kind   

296 €

15jähriges   Kind

296 €

insgesamt  

 

952 €

 

712 €

Mehrbedarf

2 Kinder unter 16 Jahren  36   %

343 €

1 Kind 36 %

256 €

Regel- und Mehrbedarf 

 

1.295€

 

968

Unterkunft   

3 Personen (80 qm)

700 €

2 Personen (65 qm)

570 €

Heiz- und Wasserkosten

40 € je Person geschätzt

120 €

 

80 €

Zusatzbedarf für Schule

2 Kinder

100 €

1   Kind

50 €

monatliche  Gesamtleistungen

 

2.215€

 

1.668€

Entspricht einem Bruttoarbeitslohn von

 

3.400€

 

2.300€

Sozialabgaben 

20,48%

696 €

 

471 €

Steuern

 

499 €

 

217 €

Nettoeinkommen

 

2.205€

 

1.612€

Stundenlohn bei 150 Std/Monat

 

23 €

 

15 €

 

Für Personen ohne Kinder wie z. B. Rentner sieht die Angelegenheit schon etwas anders aus, weil sie neben dem Regelbedarf und den Wohn- und Heizkosten nur bedingt Zusatzleistungen nach Hartz IV beanspruchen können. Außerdem werden Renten voll und Nebeneinkünfte zum Teil angerechnet. Es bleibt in der Regel nur ein verhältnismäßig geringer Betrag, der als Hartz IV -Aufstockungsbetrag beantragt werden könnte, aber wegen der Antragsformalitäten oder auch aus Scham häufig nicht geltend gemacht wird. Die Forderung nach stärkerer Erhöhung der Altersrenten scheint daher der wirksamere Weg zur Verbesserung der Altersarmut zu sein. Auch eine Erhöhung der Freigrenze für Nebeneinkünfte könnte zur Verbesserung der Alterseinkünfte beitragen.

 

Tabelle C   Hartz IV bei Rentnern



Ehepaar


alleinstehend



2018


2018

Regelbedarf 

90% von 416

374 €


416 €


90% von 416

374 €



insgesamt 


748 €


416 €

Unterkunft   

65 qm

570 €

50 qm

440 €

Heiz- und Wasserkosten


80 €


40 €

Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf Rentenbezüge (10,95 %)


132 €


44 €

Monatliche Gesamtleistung


1.530 €


940 €

Anrechnung anderer Einkünfte





Anrechnung der Rente

Ehemann

800 €

RentnerIn

400 €


Ehefrau

400 €



Minijob, soweit mehr als 135 €




165 €

insgesamt  


1.200 €


565 €

verbleibt Aufstockungsbetrag Hartz IV


330 €


375 €


Schlussfolgerung
Es ist klar, dass jemand, der kein oder nur ein geringes Einkommen zur Verfügung hat, keine großen Sprünge machen und auch nicht für sein Alter vorsorgen kann. Um diese Situation generell zu verbessern, ist allgemein und für Kinder besonders die Aus- und Fortbildungsmöglichkeit durch staatliche Maßnahmen (Gebührenfreiheit für Kitas und Schulen) zu verbessern. Ferner müssen ausreichend Arbeitsplätze entstehen, die ein Mindesteinkommen deutlich über den Hartz IV -Sätzen ermöglichen. Dazu gehören angemessene Teilzeitarbeitsplätze und Betreuungsplätze für die Kinder. Auch muss durch Wohnungsbauförderung bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, damit in den Hartz IV -Fällen eine Mietzahlung möglich und im Alter ggf. der Umzug in kleinere Wohnungen oder Altenheime gewährleistet werden kann.

Es gibt für die neue Regierung viel zu tun, packen Sie es an.


Helmut Laser