Steuerhinweis für Rentner Nr. 112 www.helmutlaser.com 30.1.2019
Besondere Pflichten für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes und deren Haftung
1. Vorbemerkung
Zur Bekämpfung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel auf elektronischen Marktplätzen wurden ab 1.1.2019 durch Artikel 9 des "Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" folgende neue Vorschriften in das Umsatzsteuergesetz eingefügt:
§ 22 f UStG Besondere Pflichten für Betreiber eines elektronischen Marktplatzes
§ 25 e UStG Haftung beim Handel auf einem elektronischen Marktplatz
§ 27 Abs. 25 UStG Allgemeine Übergangsvorschriften
Das Bundesfinanzministerium hat am 28.1.2019 zu diesen Vorschriften einen Verwaltungserlass veröffentlicht, der den Begriff des elektronischen Marktplatzes und die neuen Aufzeichnungs- und Nachweispflichten für den Betreiber des elektronischen Marktplatzes und dessen Lieferer regelt und erläutert.
2. Elektronischer Marktplatz
ist eine Webseite oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden, die es einem Dritten, der nicht Betreiber des Marktplatzes ist, ermöglicht, Umsätze auszuführen. Wer in diesem Sinne einen elektronischen Marktplatz unterhält (Betreiber) und es Dritten ermöglicht, aus diesem Marktplatz Umsätze zu tätigen, sollte sich umgehend mit der neuen Rechtslage auseinandersetzen und ggf. zur Vermeidung einer Steuerhaftung die erforderlichen Nachweispflichten erfüllen.
Nicht unter die Regelungen des elektronischen Marktplatzes fallen sog. Vermittlungsmarktplätze, die nur die Funktion eines „Schwarzen Brettes“ haben. Sie erfüllen nämlich nicht das vorgesehene Erfordernis, dass es einem Dritten, der nicht Betreiber des elektronischen Marktplatzes ist, ermöglicht wird, über diesen elektronischen Marktplatz Umsätze auszuführen.
3. Haftung beim Handel auf einem elektronischen Marktplatz
Der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes haftet grundsätzlich für die nicht entrichtete Umsatzsteuer aus Lieferungen eines Unternehmers, die auf dem vom Betreiber bereitgestellten Marktplatz rechtlich begründet worden sind und bei denen die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt oder endet. Grundlage dafür ist ein Kaufvertrag. Die Haftung gilt daher für Fälle, in denen die Ware vor Abschluss des Kaufvertrages auf dem elektronischen Marktplatz zwischen dem Lieferer und dem Lieferempfänger im Inland oder übrigen Gemeinschaftsgebiet lagert, der Ort der Lieferung im Inland liegt und die Lieferung damit im Inland steuerpflichtig ist. Eine Lieferung gilt als auf einem elektronischen Marktplatz rechtlich begründet, wenn der Kaufvertrag mit Hilfe eines automatischen Bestellvorgangs zustande gekommen ist, der auf dem Marktplatz durchgeführt wurde.
4. Bescheinigung über die steuerliche Erfassung
Eine Haftung tritt nicht ein, wenn der Betreiber durch eine im Zeitpunkt der Lieferung des Unternehmers gültige, auf längstens 3 Jahre befristete Bescheinigung des für den liefernden Unternehmer (auch für Kleinunternehmer gem. § 19 UStG) zuständigen Finanzamts nachweist, unter welcher Steuernummer und ggf. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer der liefernde Unternehmer erfasst wird. Entsprechendes gilt, wenn für den liefernden Unternehmer bei seinem örtlich zuständigen Finanzamt die Daten gespeichert wurden und für einen Datenabruf bereitgestellt und abgerufen werden.
Die Haftung tritt jedoch auch bei Vorlage der genannten Bescheinigung ein, wenn davon auszugehen ist, dass der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der liefernde Unternehmer seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt. Hier sieht der Verwaltungserlass einige Regelungen vor, nach denen sich der Betreiber des elektronischen Marktplatzes durch Mitwirkung bei der Besteuerung des Umsatzes von der eigenen Haftung befreien kann (siehe Randziffern 16 ff).
Unternehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland, einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, haben mit der Beantragung der Bescheinigung einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen, der aber nicht zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3 Steuerberatungsgesetz befugt sein muss.
5. Aufzeichnungspflichten des Betreibers eines elektronischen Marktplatzes
Der Betreiber eines elektronischen Marktplatzes hat für die Lieferungen eines Unternehmers, die aus seinem Marktplatz bewirkt werden, folgende Aufzeichnungen zu machen und durch eine Bescheinigung (siehe Ziffer 4) nachzuweisen:
- den vollständigen Namen und Anschrift des liefernden Unternehmers
- die dem liefernden Unternehmer vom zuständigen Finanzamt erteilte Steuernummer und
- soweit vorhanden die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
- Beginn und Enddatum der Gültigkeit der Bescheinigung (Ziffer 4)
- den Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung sowie den Bestimmungsort (vollständige Anschrift)
- den Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes (er bemisst sich nach dem Entgelt gem. § 10 UStG abzüglich Rabatte, Skonti u. ä.).
Ein aufzeichnungspflichtiger Umsatz liegt nicht vor, wenn der Lieferempfänger die Ware nicht annimmt bzw. zeitnah zurückgibt.
Erfolgt die Registrierung auf dem elektronischen Marktplatz nicht als Unternehmer, sind nur der Name und die Wohn- bzw. Meldeadresse sowie Geburtstag des Lieferers und der Zeitpunkt und die Höhe des Umsatzes aufzuzeichnen.
Für die genannten Aufzeichnungen besteht eine Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren. Verstöße dagegen können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 379 AO).
6. Anwendungszeitpunkt
Die Aufzeichnungspflichten gelten ab 1. Januar 2019. Aus Vereinfachungsgründen können die Betreiber des elektronischen Marktplatzes die Aufzeichnungen für Unternehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland usw. (lt. Ziffer 5) erst zum 1.3.2019 und für alle anderen Unternehmer erst zum 1.10.2019 erfüllen.
7. Fazit
Betreiber eines elektronischen Marktplatzes lt. Ziffer 2 sollten prüfen, ob sie in die Haftung nach Ziffer 3 gelangen können, wenn sie die in Ziffer 4 beschriebenen Bescheinigungen des Lieferanten nicht vorweisen und die unter Ziffer 5 genannten Aufzeichnungen nicht durchführen.
Helmut Laser