Steuerhinweis für Rentner Nr. 114 www.helmutlaser.com 25.02.2019
Ist die Grunderwerbsteuer eine Steuer, die nur dumme Käufer von Immobilien bezahlen?
1. Vorbemerkung
Der Steuerrechtler Prof. Dr. Henning Tappe hat in der Presse Lücken in der Steuergesetzgebung kritisiert und dabei die Grunderwerbsteuer als "Dummensteuer" bezeichnet, weil der Ehrliche der Dumme ist, während Unternehmen wissen, wie die Steuer zu umgehen ist. Um dem einfachen Steuerzahler die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild darüber zu machen, ob er gegenüber einem gut beratenen Unternehmer benachteiligt, also der Dumme ist, wird die Thematik nachfolgend dargestellt.
2. Die gesetzliche Regelung
2.1. Der Grunderwerbsteuer unterliegen diverse Rechtsvorgänge (§ 1 GrEStG), soweit sie sich auf inländische Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts (Gebäude und Grund und Boden) beziehen und einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründen.
Gehört ein inländisches Grundstück zum Vermögen einer Personengesellschaft und ändert sich innerhalb von 5 Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95% der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dieses als Übereignung des Grundstücks. Vergleichbare Regelungen gelten für Gesellschaften, wenn mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers bzw. herrschenden Gesellschafters vereinigt werden. Liegt die Anteilsvereinigung unter 95%, liegt kein grunderwerbsteuerlicher Vorgang vor. Eine gleiche Folgerung wird gezogen, wenn eine Umstrukturierung im Konzern erfolgt (Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG).
2.2. Von der Besteuerung ausgenommen sind u.a. folgende Grundstückserwerbe (3 GrEStG):
- Grundstückswert übersteigt nicht 2.500 €,
- Grundstückserwerbe von Todes wegen oder -schenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes,
- Teilungsvorgänge unter Miterben,
- Grundstückserwerbe vom Ehegatten oder Lebenspartner,
- Grundstückserwerb durch früheren Ehepartner bzw. Lebenspartner im Rahmen von Vermögensauseinandersetzungen nach der Scheidung bzw. Aufhebung der Lebenspartnerschaft,
- Grundstückserwerb durch Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (auch Stiefkinder).
2.3. Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer ist die Gegenleistung (Kaufpreis bzw. Wert des Tauschgegenstandes). Zur Gegenleistung gehören zusätzlich gewährte Leistungen wie z.B. übernommene Grundstücksbelastungen. Die Grunderwerbsteuer wird der Gegenleistung nicht hinzugerechnet und auch nicht davon abgezogen.
2.4. Der Steuersatz beträgt gem. § 11 GrEStG 3,5%. Er kann aber seit 2006 in den einzelnen Bundesländern anders festgesetzt werden und beträgt 2019 im Bundesdurchschnitt 5,37 %:
3,5 % in Bayern und Sachsen,
4,5 % in Hamburg,
5,0 % in Bremen, Niedersachsen, Sachsen Anhalt, Mecklenburg Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg,
6,0 % in Berlin, Hessen,
6,5 % in Schleswig Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Thüringen, Saarland.
2.5. Steuerschuldner sind regelmäßig die an einem Erwerbsvorgang beteiligten Personen. Die Steuer ist einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides fällig.
2.6. Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 9a UStG) und zwar auch dann, wenn sie von der Grunderwerbsteuer befreit sind.
3. Ist die Grunderwerbsteuer eine Dummensteuer?
Grundsätzlich ist es weder strafbar, noch unsittlich, wenn jeder Steuerpflichtige, ob Privatperson oder Unternehmer, seine Tätigkeiten so einrichtet, dass er so wenig wie möglich Steuern zahlt. Voraussetzung ist, dass er dabei die bestehenden gesetzlichen Vorschriften beachtet und sie nicht unberechtigt umgeht. Falsche Angaben, die zu Steuerminderungen führen, sind genau so strafbar wie ein geplanter Steuerbetrug.
Wenn ein Unternehmen durch steuerliche Beratung oder die eigene Steuerabteilung seine steuerlichen Verpflichtungen erfüllt und dabei sicherstellt, dass es nicht zufiel Steuern entrichtet, ist dieses legitim, auch wenn dabei gesetzliche Gestaltungsmöglichkeiten ausgenutzt werden. Entsprechendes gilt für jeden anderen Steuerbürger, der sich fachlich beraten lässt.
Bezüglich der Grunderwerbsteuer wird in diesem Zusammenhang die 95%-Regelung bei Gesellschaften kritisiert, die bei Firmenübernahmen und Anteilserwerb für das Grundvermögen des Unternehmens erst einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang besteuert, wenn mindestens 95% der Gesellschaftsanteile den Eigentümer wechseln. Grundsätzlich sind Veränderungen der Beteiligungsquote und Gesellschafterwechsel keine Vorgänge, die grunderwerbsteuerlich relevant sind, weil es sich dabei nicht um Rechtsgeschäfte handelt, die einen Anspruch auf Übereignung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 begründen. Um jedoch „Schlupflöcher“ zu schließen, wurde bereits ab 1997 durch Änderungen verschiedener Vorschriften des GrEStG die 95%-Regelung geschaffen.
Die aktuelle Diskussion im Zusammenhang mit der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und dem „Aufkauf“ von Wohnungen durch Erwerb von max. 94,9% der Gesellschaftsanteile der bisherigen Eigentümergesellschaften (so genannte „Share Deals“) wirft die Frage auf, ob hier zur Erlangung des ursprünglichen Zwecks nachgebessert werden muss.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Grunderwerbsteuer grundsätzlich die Anschaffungskosten des Grundstücks erhöht und der Gebäudeanteil im Unternehmensbereich über die Abschreibungsdauer den Gewinn mindert. Bei einer Anteilsvereinigung ist die Grunderwerbsteuer sogar sofort als Betriebsausgabe abzugsfähig und damit gewinnmindernd. Bei der Einzelveräußerung dieses Grundvermögens würde die Grunderwerbsteuer wie in allen anderen Veräußerungsfällen entstehen. Die Sonderregelung verhindert also eine sonst eintretende Doppelbesteuerung.
Diese Regelung hatte auch in der Vergangenheit schon Bedeutung bei der Fusion von Industrieunternehmen und hat dazu beigetragen, dass in diesen Fällen nicht 100% der Aktien einer Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft übernommen wurden. Denn bei Unternehmen mit einem großen Grundvermögen (Fabrikhallen usw.) würde bei der Besteuerung ein erheblicher Grunderwerbsteuerbetrag als Kostenfaktor entstehen.
Einzelpersonen werden beim Erwerb von Grundstücken schon heute vielfach nicht benachteiligt, weil durch Steuerbefreiungen bei Grundstücksveräußerungen im familiären Bereich keine Grunderwerbsteuer entsteht (siehe 2.2.) Beim Grundstückserwerb unter Fremden wird die entstehende Grunderwerbsteuer dadurch kompensiert, dass der Erwerb umsatzsteuerbefreit ist (siehe 2.6.). Außerdem gibt es auch hier eine legitime Gestaltung dann, wenn kein fertiges Gebäude erworben wird, sondern erst der Grund und Boden und dann aufgrund eines gesonderten Bauvertrages darauf das Gebäude errichtet wird.
Bei Fremderwerb entsteht die Grunderwerbsteuer allerdings nach den oben beschriebenen Grundsätzen und stellt in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich eine wesentliche Belastung für den Grundstückserwerb dar. Diese wird durch die Maklergebühren und sonstige im Grundstückspreis auf den Käufer verlagerten Kosten zusätzlich erhöht. Hier sind Gesetzesinitiativen zur Minderung der Kaufpreise gefragt (z.B. Maklergebühren).
Unter der bestehenden Rechtslage ist der Begriff „Dummensteuer“ für die Grunderwerbsteuer irreführend. Hier wird ein Neid geweckt, der unberechtigt ist und unser Steuersystem falsch wiedergibt sowie die These nährt „die Kleinen müssen für die Steuervorteile der Großen“ aufkommen.
Für den Fall eines Grundstückserwerbs soll diese Steuerinfo einen kleinen, wenn auch unvollständigen Überblick über die Besteuerung des Grunderwerbs geben.