Steuerhinweis für Rentner Nr. 118 www.helmutlaser.com 3.7.2019
Die Rente mit 63 und die Flexi-Rente
1. Vorbemerkung
In der aktuellen Diskussion über den Klimawandel und dem Umstieg der Automobilindustrie von Verbrennungs- auf E-Motoren spielt die Frage eine wesentliche Rolle, wie der gravierende Entfall von Arbeitsplätzen aufgefangen und insbesondere den davon betroffenen älteren Arbeitnehmern der Übergang in die Rente erleichtert werden kann. Die Bundesregierung hat durch das „Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben“ (Flexi-Rente) zum 1.7.2017 eine Reihe von Regelungen getroffen, um nach 35 Versicherungsjahren den Arbeitnehmern bereits ab dem 63. Lebensjahr die Möglichkeit zu geben, in Rente zu gehen oder eine vorgezogene Rente mit Teilzeitarbeit zu verbinden. Dieses könnte insbesondere bei Großunternehmen, die erhebliches Personal abbauen müssen, die Chance sein, ältere Mitarbeiter vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, insbesondere auch dann, wenn durch betriebliche Altersvorsorgeregelungen eine Aufstockung der Rentenbezüge erfolgen kann.
2. Rente mit 63
Bereits seit dem 1.7.2014 besteht die Möglichkeit, schon mit 63 Jahren ohne Rentenkürzung in Rente zu gehen, wenn der Arbeitnehmer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat und noch keine Altersrente bezieht. Für Geburtsjahrgänge ab 1953 bis 1963 wurde das Renteneintrittsalter schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Obgleich keine Rentenkürzung erfolgtet, ergaben sich wegen der kürzeren Arbeitszeit geringere Rentenpunkte und somit eine entsprechend geringere Rentenzahlung.
Eine Rente mit 63 ist als Alternative in den Fällen möglich, wenn nur 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt wurde. In diesem Falle wird die Rente um 0,3% für jeden Monat gekürzt, den der Rentenbeginn vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter liegt. Liegt das gesetzliche Eintrittsalter z.B. bei 65 Jahren und wird der Rentenbeginn auf 63 Jahre vorverlegt, wird die gesetzliche Rente um 14,4% gekürzt, was eine erhebliche Minderung bedeutet. Um diese Nachteile auszugleichen, dürfen bis zu 6.300 € dazuverdient werden, ohne dass die Rente gekürzt wird. Bei höherem Verdienst würde der Mehrbetrag zu 40% auf die Rente angerechnet. Mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze entfällt die Anrechnung ganz.
3. Flexi-Rente ab 1.7.2019
Die Flexirente soll den Übergang vom Erwerbsleben in die Rente fördern, in dem der Hinzuverdienst bei Teilrentenbezug verbessert wird und Arbeitgeber, die Arbeitnehmern über die Regelarbeitsgrenze weiterbeschäftigen, entlastet werden. Für sie entfällt (befristet bis zum 31.12.2021) der alleinige Arbeitgeberbeitrag zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 1,5%. Der alleinige Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung ist aber weiterhin zu zahlen. Ab 2017 kann jedoch der Arbeitnehmer freiwillig eigene Rentenbeiträge entrichten und dadurch einen monatlichen Rentenzuschlag von 0,5% erreichen. Sie wirken sich dann zusammen mit den Arbeitgeberbeiträgen rentensteigend aus.
Auch bei der Flexi-Rente erfolgt für jeden Monat, den die vorgezogene Rente vor der Regelaltersgrenze beginnt, ein Abschlag von 0,3%. Zum Ausgleich der Kürzung war es bisher möglich, ab dem 55. Lebensjahr den Rückkauf der Abschläge durch Zusatzzahlungen vorzunehmen. Dieses ist durch die Flexi-Rente schon ab 50 Jahren zugelassen und durch zweimal jährliche mögliche Teilzahlungen verbessert worden.
Beim Hinzuverdienst ist von einer monatlichen auf eine Jahresbetrachtung umgestellt worden. Sie bezieht sich also nicht auf 12 Monate des Rentenbezugs, sondern auf Kalenderjahre. Bei Frührentnern mit einem 450 €-Job bleibt dieser bei der Hinzurechnungsregelung nach wie vor unberücksichtigt, wenn nicht weitere Minijobbeschäftigungen hinzukommen.
4. Fazit
Wer in 2019 mit 63 Jahren in Rente gehen möchte, muss also seit 1984 in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Es betrifft daher vorwiegend die Geburtsjahrgänge ab 1964. Da für diese Jahrgänge das Renteneintrittsalter bereits 67 Jahre beträgt, ergeben sich für 4 Jahre vorgezogene Rente Abschläge in Höhe von 14,4%. Bei einer monatlichen Rente von 1.500 € beträgt die Kürzung somit 216 € (2.592 € im Kalenderjahr), die z.B. durch einen steuer- und sozialversicherungsfreien Minijob leicht kompensiert werde könnte. Selbst bei einer Vollrente von 2.000 € würde die Kürzung von 288 € durch einen Minijob auffangbar. Aber auch durch einen Teilzeitjob mit einem monatlichen Bruttogehalt bis 525 € würde keine Kürzung der Rente eintreten. Erst bei höheren Einkünften würde der Mehrbetrag zu 40% auf die Rente anzurechnen sein.
Darüber hinaus eröffnet die Flexi-Rente Arbeitnehmern, die vor der Regelaltersgrenze ihre Arbeitszeit reduzieren wollen oder wegen Personalabbaumaßnahmen des Arbeitgebers einschränken sollen, die Möglichkeit, den vorzeitigen Rentenbeginn mit der Fortführung einer Teilzeitarbeit zu verbinden und dadurch den Übergang in die Rente abzufedern. Würde z.B. bei Beantragung einer Rente mit 63 die bisherige Arbeitnehmertätigkeit mit monatlich 4.000 € Bruttoarbeitslohn auf die Hälfte reduziert, verbliebe ein Jahresarbeitslohn von 24.000 €. Nach Abzug des Freibetrages von 6.300 € ergeben sich 17.700 €, die zu 40% (= 7.080 €) auf die Rente angerechnet werden müssten. Das ergäbe eine monatliche Kürzung von 590 €. Für die Rente mit 63 wäre eine Vollrente von z.B. 2.000 € um 14,4% (=288 €) zu kürzen, auf die dann verbleibende Rente von 1.712 € wäre noch der Betrag von 590 € anzurechnen. Der monatliche Rentenbetrag würde dann statt 2.000 € nur 1.122 € betragen. Zusammen mit dem Arbeitslohn aus dem Teilzeitjob von 2.000 € ergäbe sich eine monatliche Einnahme von 3.122 €, die gegenüber dem vollen Arbeitslohn von 4.000 € auch mit geringeren Abgaben belastet ist. Dieses Modell könnte insbesondere für Personen, die 35 Jahre lang überdurchschnittlich verdient und stets volle Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben, eine Möglichkeit sein, den vorzeitigen Abbau ihrer Arbeitszeit ohne gravierenden Rückgang des monatlichen Einkommens zu realisieren.
Wichtiger Hinweis:
Bevor eine Entscheidung über eine Rente mit 63 getroffen wird, sollte der Arbeitnehmer die voraussichtlichen Auswirkungen anhand der eigenen Gehalts- und Rentendaten durch einen Renten- bzw. Steuerberater genauestens prüfen lassen.
Helmut Laser