Steuerhinweis für Rentner Nr. 126                        www.helmutlaser.com                                     10.02.2020

    Welche Abgabenbelastungen haben Arbeitnehmer in 2020 zu tragen?

In der öffentlichen Diskussion wird zunehmend die im Vergleich zu anderen Ländern zu hohe Abgabenbelastung deutscher Arbeitnehmer kritisiert. Es wird daher für die Mittelschicht (monatliches Nettoeinkommen zwischen 1.400 und 3.400 €) eine gravierende Senkung der Abgabenbelastung gefordert. Dabei ist jedoch zu beachtet, dass die Abgaben sich beim Lohnabzug aus Sozialbeiträgen und Steuerbeträgen zusammensetzen. 

Sozialabgaben bestehen aus Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen, die mit einem festen Prozentsatz bis zur Beitragsbemesssungsgrenze (BBGr.) von monatlich 6.900 € erhoben werden, sowie aus der Kranken- und Pflegeversicherung, die durch Zusatzbeiträge je Krankenkasse unterschiedlich bis zur Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4.687,50 € berechnet werden. Die Sozialabgaben fallen daher bereits beim ersten EURO des Arbeitsentgelts an. Sie betragen daher bis zur BBGr. von 4.687,50 € 19,875 % und reduzieren sich bis zur BBGr. für die Rentenversicherung von 6.900 € schrittweise auf 16,87 %, weil der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag unverändert bleibt. Da der Arbeitgeber denselben Betrag als Arbeitsgeberbeitrag zusätzlich abführen muss, führt dieses in Deutschland zu einer Gesamtabgabenbelastung der Arbeitskosten (einschließlich Steuern) von knapp 50%.

Anders als bei den Sozialabgaben entwickelt sich die Steuerbelastung bei steigendem Einkommen. Wegen der bestehenden Grundfreibeträge beginnt der Steuerbelastung bei 0 und steigert sich durch den progressiven Tarif bei höheren Einkommen einschließlich Solidaritätszuschlag auf über 47 %.

Wie der unten abgedruckten Tabelle zu entnehmen ist, steigt die Abgabenbelastung aus Sozialabgaben und Steuern von 19,88 % (nur Sozialabgaben) bis zur BBGr. von 6.900 € auf rd. 43 % an, wobei bei der BBGr. von 4.687,50 € die Belastung durch Sozialabgaben und Steuern etwa gleich hoch ist. Erst danach überwiegt der Steueranteil und liegt bei der BBGr. von 6.900 € ca. 10 Prozentpunkte über dem Sozialversicherungsanteil und steigt bei 10.000 € Bruttoarbeitslohn sogar auf das Dreifache.

Aus diesem hohen Steueranteil werden zur Zeit auch die immensen Steuerzuweisungen an den Sozialhaushalt finanziert. Das heißt, die "Besserverdienenden" leisten dadurch ihren Beitrag für die sonst fehlende Finanzierbarkeit der heutigen und sicher auch künftiger Rentnergenerationen. Die Diskussion über eine zu hohe Abgabenbelastung und einen notwendigen Umbau der Sozialsysteme ist daher mehr als berechtigt.

Eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf z.B. monatlich 10.000 € Bruttoarbeitslohn würde die Abgabenbelastung von derzeit 11,64 % auf 14,89 % steigern. Die gleichzeitige Abschaffung des Solidaritätszuschlages auch für diese Einkommensschicht könnte die Hälfte der entstehenden Abgabenmehrbelastungen kompensieren. Das zeigt, dass eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zusätzliche Sozialabgaben kreiert, gleichzeitig aber eine Steuersenkung erforderlich macht,

Vielleicht wäre es ratsam, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung zu verbinden, weil nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber seinen Anteil am Beitragsaufkommen zu leisten hat.

                     Lohnabzugsbeträge 2020 eines ledigen Arbeitnehmers
                         nach Abzug von pauschalen Sonderausgaben und Werbungskosten

Bruttoarbeitslohn

Sozialabg.

in %

Steuern

in %

Abgaben

in %

verbleibendes

 

 

 

LoSt + Soli

 

insgesamt

 

Netto-Einkom.

1.000,00

198,75

19,88

0,00

0,00

198,75

19,88%

801,25

1.500,00

298,13

19,88

65,41

4,36

363,54

24,24%

1.136,46

2.000,00

397,50

19,88

183,39

9,17

580,89

29,04%

1.419,11

2.500,00

496,88

19,88

306,03

12,24

802,91

32,12%

1.697,09

3.000,00

596,25

19,88

429,81

14,33

1.026,06

34,20%

1.973,94

4.000,00

795,00

19,88

713,79

17,84

1.508,79

37,72%

2.491,21

4.687,50

931,64

19,87

930,67

19,85

1.862,31

39,73%

2.825,19

5.000,00

964,45

19,29

1.046,72

20,93

2.011,17

40,22%

2.988,83

6.000,00

1.069,45

17,82

1.445,96

24,10

2.515,41

41,92%

3.484,59

6.900,00

1.163,95

16,87

1.815,03

26,30

2.978,98

43,17%

3.921,02

7.000,00

1.174,45

16,78

1.859,34

26,56

3.033,79

43,34%

3.966,21

8.000,00

1.279,45

15,99

2.302,44

28,78

3.581,89

44,77%

4.418,11

9.000,00

1.384,45

15,38

2.744,54

30,49

4.128,99

45,88%

4.871,01

10.000,00

1.489,45

14,89

3.188,64

31,89

4.678,09

46,78%

5.321,91









BBGr RV/AlV je Monat

6.900,00







BBGr KV/PV je Monat

4.687,50







Arbeitnehmeranteil





Mittelschicht


1.400 - 3.400 €

Rentenvesicherung

9,300%







Arbeitslosenversicher. 

1,200%




obere 10 vH


ab 5.500 €

Krankenversicherung

7,300%


 





Zusatzversicherung

0,550%







Pflegeversicherung

1,525%







Sozialabgaben insgesamt

19,875%








Wie wirkt sich diese Abgabenbelastung für Bezieher von Sozialversicherungsrenten aus?

Sozialversicherungsrenten werden nach dem Alterseinkünftegesetz 2005 nur zum Teil der Besteuerung unterworfen. Renten, die bis 2005 begonnen haben, werden danach nur mit 50% besteuert und bleiben zur Hälfte steuerfrei. Dieser Freibetrag bleibt bis zum Rentenende unverändert. Nach dem Rentenbeginnjahr eingetretene Rentenerhöhungen sind allerdings voll steuerpflichtig (Beispiel A).

Für Rentenbeginnjahre nach 2005 erhöht sich der zu besteuernde Rentenanteil jährlich, bis er im Jahr 2040 voll steuerpflichtig wird. Bei Rentenbeginn in 2019 beträgt der zu versteuernde Anteil bereits 78% (Beispiel B).

Von der Bruttorente werden durch den Rentenauszahler Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 10,9% einbehalten, die bei der Steuerrechnung als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Die Steuer auf die steuerpflichtigen Rentenanteile wird jedoch nicht im Abzugsverfahren, sondern erst nach Abgabe der Steuererklärung durch das Finanzamt festgesetzt.

Das Beispiel A zeigt die Auswirkungen für einen Rentenbeginn im Jahr 2005, das Beispiel B die Auswirkungen, wenn die Rente im Jahr 2019 in derselben Höhe erstmalig gezahlt wird. Die jeweiligen Alternativrechnungen zeigen den Bruttorentenbetrag auf, bis zu dem auch für Alleinstehende keine Steuerbelastung entsteht. 

Beispiel A



Rentenbeginnjahr 2005

Alternative 1

Alternative 2

Monatsrente brutto

1.800,00

1.250,00

Bruttorente im Rentenbeginnjahr 2005 insges.

21.600,00

15.000,00

Rentenerhöhungen bis 2019

5.400,00

3.750,00

Bruttorente 2019

27.000,00

18.750,00

steuerfrei 50% der Rente des Beginnjahres 2005

10.800,00

7.500,00

zu versteuernder Rentenanteil 2019

16.200,00

11.250,00

abzüglich Werbungskostenpauschale

-102,00

-102,00

abzüglich KV und PfV (10,9%) der Bruttorente

-2.943,00

-2.043,75

zu versteuerndes Einkommen

13.155,00

9.104,25




Steuer lt Grundtabelle (ledig)

713,00

0,00

Steuer lt Splittingtabelle (verheiratet)

0,00

0,00




Monatsrente brutto

2.250,00

1.562,50

abzüglich KV und PV

-245,25

-170,31

Monatsrente nach Abzug der Sozialabgaben

2.004,75

1.392,19

bei Ledigem abzüglich monatlicher Steueranteil

59,42

0,00

Nettorente beim Ledigen

1.945,33

1.392,19 


 Beispiel B




Rentenbeginnjahr 2019

1 Rente

1 Rente

verh. 2 Renten

Monatsrente brutto

2.250,00

1.166,67

2.300,00

Bruttorente im Rentenbeginnjahr 2019 insges.

27.000,00

14.000,00

27.600,00

davon steuerfrei 22%

5.940,00

3.080,00

6.072,00

zu versteuernder Rentenanteil 78%

21.060,00

10.920,00

21.528,00

abzüglich Werbungskostenpauschale

-102,00

-102,00

-210,00

abzüglich KV und PfV (10,9%) auf Bruttorente

-2.943,00

-1.526,00

-3.008,40

zu versteuerndes Einkommen

18.015,00

9.292,00

18.309,60





Steuer lt. Grundtabelle (ledig)

2.001,33

17,00


Steuer lt. Splittingtabelle (verheiratet)

0,00

0,00

0,00





Monatsrente brutto

2.250,00

1.166,67

2.300,00

abzüglich KV und PV

-245,25

-127,17

-250,70

Monatsrente nach Abzug der Sozialabgaben

2.004,75

1.039,50

2.049,30

abzüglich monatlicher Steueranteil

166,78

1,42

0,00

Nettorente beim Ledigen

1.837,97

1.038,09

 

Nettorente bei Verheirateten

2.004,75

1.039,50

2.049,30


Fazit:

Wie die Beispiele zeigen, führt die Erhöhung des steuerpflichtigen Anteils der Rente dazu, dass bei Ledigen die Steuerbelastung in 2019 sehr viel höher ist als bei Renten, die bis 2005 begonnen haben. Der steuerfreie Rentenanteil, beträgt nur noch ca. die Hälfte des Freibetrages aus 2005.
Für Ehepartner ist aber auch heute noch eine monatliche Rente bis 2.300 € nur mit Sozialangaben belastet, wenn für beide Ehepartner keine weiteren Renten oder andere steuerpflichtigen Einkünfte zur Verfügung stehen.
Für 2.300 € übersteigende Bruttorenten entsteht jedoch auch für zusammen zu veranlagende Ehepartner eine Steuerbelastung, die mit 15% für den übersteigenden Betrag beginnt und dann progressiv steigt. Diese Belastungen werden für künftige Beginnjahre wegen des Abbaus des Freibetrages weiter ansteigen und können nur durch eine Änderung bei der Besteuerung künftiger Rentenbeginnjahre oder gar im Rahmen einer grundlegenden Steuerreform kompensiert werden.

Dennoch wird die Frage einer Doppelbesteuerung von Renten immer öfter auch in der Öffentlichkeit diskutiert und im Steuerhinweis für Rentner Nr. 79 bereits 2016 klar gestellt. Die Aussage, dass Renten künftig höher besteuert werden, trifft zwar für neu beginnende Renten zu, nicht aber für Renten, die bereits gezahlt werden. 

Helmut Laser