Steuerhinweis für Rentner Nr.134        www.helmutlaser.com                20.9.2020

Könnte ein vereinfachtes Steuersystem zur Gerechtigkeit unter den Generationen beitragen?

Über die Frage, ob wir eine grundlegende Steuerreform brauchen und die Steuergerechtigkeit durch Erhöhung der Steuersätze und Besteuerung des Vermögens verbessert werden muss, wurde bereits mehrfach nachgedacht (siehe Steuerhinweise Nr. 31 vom 14.8.2010 und Nr. 43 vom 3.10.2012). Auch für ein vereinfachtes Besteuerungsverfahren und eine vorgefertigte Steuererklärung für Rentner und Geringverdiener wurden bereits Verfahren diskutiert, aber nur bedingt umgesetzt (siehe Steuerhinweise Nr. 41 vom 4.4.2012 und Nr. 98 vom 5.1.2018)..

Ein grundlegend neues Besteuerungsverfahren müsste eine gerechte Besteuerung mit der Steuervereinfachung verbinden und vom Steuerbürger leichter durchschaubar sein. Dabei sollte die für 2021 bereits beschlossene Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine diskutierte Beseitigung des Ehegattensplittings und der bemängelten kalten Progression sowie die weitere Entlastung der Familien und Alleinerziehenden mit Kindern in ein neues Besteuerungssystem einbezogen werden (siehe Steuerhinweis für Rentner Nr. 108 vom 19.10.2018).

Mit dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 soll bereits ab 1.1.2021 der Solidaritätszuschlag für ca. 90% der Steuerpflichtigen vollständig und für weitere 6,5% teilweise entfallen. Der für 2020 im Splittingverfahren erhobene Solidaritätszuschlag ergibt sich aus den Beispielen  A und B und ist im Steuerhinweis für Rentner Nr. 119 vom 14.8.2019 erläutert. Die Auswirkungen, die sich bei Entfall des Ehegattensplittings ergeben würden, sind durch Vergleich der Steuerbelastungen 2020 zwischen den Beispielen A und B und im Steuerhinweis Nr. 108 dargestellt und aus der dort abgedruckten Steuerbelastungsvergleichstabelle abzulesen.

Wie schon bei der von Friedrich Merz vor Jahren in die Diskussion gebrachten „Bierdeckelsteuer“ könnte die in den Beispielen A und B dargestellte vereinfachte Steuerberechnung die Mehrbelastung durch Entfall des Ehegattensplittings durch die Steuerminderung bei Entfall des Solidaritätszuschlags für alle Steuerpflichtige voll bzw. zum Teil kompensiert werden. Gleichzeitig würde die Einführung gleich hoher Grundfreibeträge für jeden Ehepartner und jedes Kind eine gerechte und besser nachvollziehbare Steuerbelastung entstehen und die kalte Progression beseitigt.

Die derzeitigen Nachteile des geltenden Tarifs sind u.a. folgende:
Im Tarif 2020 beträgt der nicht besteuerte Grundfreibetrag 9.408 €. Er soll ab 2021 auf 9.696 € angehoben werden. Ehepartner erhalten bei Zusammenveranlagung durch das Splittingverfahren den doppelten Betrag. Die Freibeträge für Unterhalts- und Ausbildungskosten der Kinder betrugen 2020 bei Ehegatten 7.812 € je Kind und bei Alleinerziehenden nur 5.814 € für das erste und 4.110 € für jedes weitere Kind. Für 2021 ist zwar eine Anhebung des Kinderfreibetrages auf 8.388 € geplant, würde aber weiterhin eine Ungleichbehandlung zu Alleinerziehenden bedeuten. Ein einheitlicher Grundfreibetrag von z. B. 10.000 € für jeden Ehepartner und jedes Kind würde diese Ungerechtigkeit beseitigen.
 Für die Kinderentlastung müsste statt des Freibetrages von 10.000 € das direkt ausgezahlte Kindergeld bestehen bleiben, wenn es den steuerlichen Vorteil des Freibetrages übersteigt.

Von dem nach Abzug der Grundfreibeträge verbleibenden zu versteuernden Einkommen sollen im vorgeschlagenen Berechnungsverfahren steigend je 10.000 € mit einem festen v.H.-Satz besteuert werden („Staffeltarif“ siehe Beispiele A und B).

Vergleicht man die Steuerbeträge aus der Einkommensteuer und dem Solidaritätszuschlag des Jahres 2020 mit dem vorgeschlagenen „Staffeltarif“, so ergibt sich im Falle einer Zusammenveranlagung (Beispiel A) bei einem zu versteuernden Einkommen bis 70.000 € und einem Staffelsteuersatz von 15% bis 35% eine jährliche Entlastung, welche die derzeitigen Solidaritätszuschläge übersteigt und eine jährliche Steuerminderung von bis zu 1.444 € ergibt. Erst ab 130.000 € würde bei einem bis auf 46% ansteigenden Steuersatz gegenüber dem bisherigen Steuerbetrag eine ansteigende Mehrbelastung entstehen.

Bei Alleinstehenden ohne Kinder (Beispiel B) würde die Steuerminderung bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 250.000 € die bestehende Gesamtsteuerbelastung z.T. erheblich unterschreiten. Erst darüber hinaus würden die sich ergebenden Steuerbeträge die heutige Gesamtbelastung übersteigen.

Für Alleinstehende mit einem Kind würde die Erhöhung des Kinderfreibetrages auf 10.000 € zu Entlastungen wie bei zusammen veranlagten Ehepartnern von bis zu 5.253 € pro Jahr führen und eine erhebliche Verbesserung der Kinderförderung bedeuten. Zur Zeit beträgt das Kindergeld für das erste Kind monatlich 204 €, was einen Jahresbetrag von 2.448 € ergibt. (für 2021 ist eine Erhöhung um monatlich 15 € geplant). Ab einem zu versteuernden Einkommen von 30.000 € würde nach dem Staffeltarif die Steuermäßigung für das 1. Kind 2.500 € (25% von 10.000 €) betragen und das Kindergeld übersteigen, so dass eine Veranlagung zu einer Steuerminderung führen würde.

Das anhand von Modellrechnungen ermittelte Ergebnis lässt dem Gesetzgeber durch die Höhe der genannten Freibeträge und variierten Steuersätze je 10.000 € Einkommen die Möglichkeit, die Auswirkungen auf das Steueraufkommen zu beeinflussen. Dazu müsste auch eine genauere Durchrechnung anhand der bestehenden Einkommensstrukturen erfolgen, um verlässliche Aussagen über ein verändertes Steueraufkommen machen zu können. Allerdings würde diese Art der Steuerermittlung klarer durchschaubar, leichter nachvollziehbar und vom Ergebnis her gerechter sein, weil bei kleineren Einkommen bis hin zur Mittelschicht eine Steuerminderung eintritt und für die höheren Einkommen nur moderate Mehrsteuern entstehen.

Nach der zum 1.1.2021 beschlossenen Abschaffung des Solidaritätszuschlags sollten die weiteren Schritte der Steuervereinfachung und Schaffung von Steuergerechtigkeit für die folgende Legislaturperiode angestrebt und durch die nächste Regierung realisiert werden.

Beispiel A (Splitting)                     Vergleich Staffeltarif zu Tarif 2020

Ehepartner

2.020

2.020

2.020

2.020

Staffeltarif

Staffeltarif

Staffeltarif

Veränder.

Zu verst. Einkommen

ESt 

Soli

ESt + Soli

in v H

Steuersatz

ESt ohne Soli

in v.H.

Differenz

10.000

0

0

0

0,00%

0%

0

0,00%

0

20.000

172

0

172

0,86%

0%

0

0,00%

-172

30.000

2.170

45

2.215

7,38%

15%

1.500

5,00%

-715

40.000

4.692

258

4.950

12,38%

25%

4.000

10,00%

-950

50.000

7.428

408

7.836

15,67%

25%

6.500

13,00%

-1.336

60.000

10.374

570

10.944

18,24%

30%

9.500

15,83%

-1.444

70.000

13.534

744

14.278

20,40%

35%

13.000

18,57%

-1.278

80.000

16.904

930

17.834

22,29%

40%

17.000

21,25%

-834

90.000

20.488

1.127

21.615

24,02%

40%

21.000

23,33%

-615

100.000

24.281

1.336

25.617

25,62%

43%

25.300

25,30%

-317

110.000

28.290

1.556

29.846

27,13%

43%

29.600

26,91%

-246

120.000

32.472

1.786

34.258

28,55%

46%

34.200

28,50%

-58

130.000

36.672

2.017

38.689

29,76%

46%

38.800

29,85%

111

140.000

40.872

2.248

43.120

30,80%

47%

43.500

31,07%

380

150.000

45.072

2.479

47.551

31,70%

47%

48.200

32,13%

649

160.000

49.272

2.710

51.982

32,49%

48%

53.000

33,13%

1.018

170.000

53.472

2.941

56.413

33,18%

48%

57.800

34,00%

1.387

180.000

57.672

3.172

60.844

33,80%

48%

62.600

34,78%

1.756

190.000

61.872

3.403

65.275

34,36%

48%

67.400

35,47%

2.125

200.000

66.072

3.634

69.706

34,85%

48%

72.200

36,10%

2.494

400.000

150.072

8.254

158.326

39,58%

48%

168.200

42,05%

9.874

800.000

325.842

17.921

343.763

42,97%

48%

360.200

45,03%

16.437

1.000.000

415.842

22.871

438.713

43,87%

48%

456.200

45,62%

17.487

10.000.000

4.466.022

245.621

4.711.643

47,12%

48%

4.776.200

47,76%

64.557

100.000.000

44.965.842

2.473.121

47.438.963

47,44%

48% 

47.976.200

47,98%

537.237


Beispiel B (Grundtabelle)            Vergleich Staffeltarif zu Tarif 2020

Alleinstehend

2020

2020

2020

2020

Staffeltarif

Staffeltarif

Staffeltarif

Veränder

Zu verst.   Einkommen

ESt

Soli

ESt + Soli

in v.H.

Steuersatz

ESt ohne Soli

in v.H. 

Differenz

10.000

86

0

86

0,86%

0%

0

0,00%

-86

20.000

2.346

129

2.475

12,73%

15%

1.500

7,50%

-975

30.000

5.187

285

5.472

18,21%

25%

4.000

13,33%

-1.472

40.000

8.452

465

8.917

22,29%

25%

6.500

16,25%

-2.417

50.000

12.141

668

12.809

25,60%

30%

9.500

19,00%

-3.309

60.000

16.235

893

17.128

28,55%

35%

13.000

21,67%

-4.128

70.000

20.436

1.124

21.560

30,80%

40%

17.000

24,29%

-4.560

80.000

24.636

1.355

25.991

32,49%

40%

21.000

26,25%

-4.991

90.000

28.836

1.586

30.422

33,80%

43%

25.300

28,11%

-5.122

100.000

33.036

1.817

34.853

34,86%

43%

29.600

29,60%

-5.253

110.000

37.236

2.048

39.284

35,71%

46%

34.200

31,09%

-5.084

120.000

41.436

2.279

43.715

36,43%

46%

38.800

32,33%

-4.915

130.000

45.636

2.510

48.146

37,03%

47%

43.500

33,46%

-4.646

140.000

49.836

2.741

52.577

37,56%

47%

48.200

34,43%

-4.377

150.000

54.035

2.972

57.007

38,00%

48%

53.000

35,33%

-4.007

160.000

58.236

3.203

61.439

38,04%

48%

57.800

36,13%

-3.639

170.000

62.436

3.434

65.870

38,75%

48%

62.600

36,82%

-3.270

180.000

66.636

3.665

70.301

39,06%

48%

67.400

37,44%

-2.901

190.000

70.836

3.896

74.732

39,33%

48%

72.200

38,00%

-2.532

200.000

75.036

4.127

79.163

39,58%

48%

77.000

38,50%

-2.163

250.000

96.036

5.282

101.318

42,97%

48%

101.000

40,40%

-318

800.000

342.921

18.861

361.782

45,23%

48%

365.000

45,63%

3.218

1.000.000

432.921

23.811

456.732

45,67%

48%

461.000

46,10%

4.268

10.000.000

4.482.921

246.561

4.729.482

47,30%

48%

4.781.000

47,81%

51.518

100.000.000

44.982.920

2.474.061

47.456.981

47,45%

48%

47.981.000

47,98%

524.019


Helmut Laser