Steuerinfo für Rentner Nr. 146 www.helmutlaser.com 8.12.2021
Welche Abgabenerhöhungen und -entlastungen sind für das Jahr 2022 für Arbeitnehmer und Rentner zu erwarten
1. Vorbemerkung
Zum Ende des Corona-Jahres 2021 stellt sich wie jedes Jahr wieder die Frage, welche Abgabenbelastungen und -entlastungen uns das Jahr 2022 bringen wird und welche Gesetzesänderungen durch die große Koalition beschlossen und ab 1.1.2022 wirksam wurden und was von der neuen Regierung (Ampelkoalition) bereits für das kommende Jahr umgesetzt werden wird.
2.1. Änderungen bei den Sozialabgaben
Wie alle Jahre werden zu Jahresbeginn die Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) für die Sozialversicherung neu festgelegt. Die in der Tabelle genannten Beitragssätze sind die vom Arbeitnehmer zu tragenden Beitragsanteile. Erstmals seit Jahren wird die BBG nur für die Renten- und Arbeitslosenversicherung Ost um 600 € erhöht, während die für West sogar um 600 € gemindert wird und die BBG für die Kranken- und Pflegeversicherung unverändert bleibt.
Die Beitragssätze bleiben für 2022 unverändert. Lediglich die Krankenkassenzusatzbeiträge differieren von Kasse zu Kasse und können evtl. noch angepasst werden.
Die im Rahmen der Grundrente (Steuerhinweis für Rentner Nr. 115) für 2021 durchgeführte Senkung der Arbeitslosenversicherung von 2,5 auf 2,4 % gilt auch noch für 2022.
Für Betriebsrenten wurde ab 1.1.2020 die frühere Freigrenze in einen monatlichen Freibetrag geändert, bis zu dem die Betriebsrenten von den Krankenkassenbeiträgen befreit werden. Dieser betrug für 2021 164,50 € und bleibt 2022 unverändert. Er führt zu einer Beitragsminderung von monatlich 26,16 € (15,9% von 164,50 €). Dieser Freibetrag gilt jedoch nur bei Betriebsrenten, wenn bzw. soweit die Summe der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreitet.
Beitragsbemessungsgrenze für | 2021 | 2022 | Mehr BBG | Beitragssatz | mehr/weniger |
Rentenversicherung West | 85.200 | 84.600 | -600 | (AN) 9,3% | -55,80 |
Arbeitslosenversicherung West | 85.200 | 84.600 | -600 | (AN) 1,2% | -7,20 |
Mehrbelastung West | 10,5% | -63,00 | |||
Rentenversicherung Ost | 80.400 | 81.00 | 600 | (AN) 9,3% | 55,80 |
Arbeitslosenversicherung Ost | 80.400 | 81.000 | 600 | (AN) 1,2% | 7,20 |
Mehrbelastung Ost | 10,5% | 63,00 | |||
Krankenversicherung Ost und West | 58.050 | 58.050 | 0 | (AN) 7,3% | 0 |
Pflegeversicherung Ost und West | 58.050 | 58.050 | 0 | (AN) 1,525% | 0 |
Mehrbelastung Ost und West | 0 | ||||
Summe West insgesamt weniger | -63,00 | ||||
Summe Ost insgesamt mehr | 63,00 |
Für Arbeitnehmer und Betriebsrentner, deren Bezüge unter der Bemessungsgrenze des Vorjahres liegen, ergibt sich auch keine Mehrbelastung Ost.
Für Bezüge, die die Beitragsbemessungsgrundlagen des Jahres 2022 übersteigen, sind die Beitragsveränderungen aus der Tabelle abzulesen.
2.2. Auswirkung der dargestellten Änderungen bei Betriebsrenten
Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden auch für Rentner bis zur Höhe der zu jedem Jahresbeginn festgesetzten Beitragsbemessungsgrenze (BBG) erhoben. Bei Sozialversicherungsrenten erhebt der Sozialversicherungsträger (BFA) auf die Bruttorente (max. BBG) die Krankenkassenbeiträge mit einem halben Beitragssatz von 7,3 % zuzüglich der Hälfte der Krankenkassenzusatzversicherung (z.B. 0,55 %) und für die Pflegeversicherung den vollen Beitrag von 3,05 %.
Übersteigt die BFA-Bruttorente die Beitragsbemessungsgrenze, entstehen für eine Betriebsrente keine weiteren Beiträge. Ist jedoch die Beitragsbemessungsgrenze höher als die BFA-Bruttorente, sind bis zur Höhe der Differenz auch von einer Betriebsrente Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge und zwar mit dem vollen Beitragssatz zu erheben. Seit 1.1.2020 bleiben jedoch 164,50 € der Bemessungsgrundlage krankenversicherungsfrei, wenn die Beitragsbemessungsgrenze insgesamt nicht überschritten wird.
Zu diesem Zweck teilt die BFA der Krankenkasse den bereits verbeitragten Rentenbetrag mit, damit die Krankenkasse dem Arbeitgeber den zutreffenden Rentenanteil mitteilen kann, den dieser von der Betriebsrente ggf. unter Berücksichtigung des Freibetrages noch zu verbeitragen hat. Dieses Verfahren kann zu Verzögerungen führen, so dass der Arbeitgeber zunächst nicht die zutreffenden Beträge berücksichtigen kann und dieses später berichtigt werden muss.
Erhöhungen der BFA-Rente werden jeweils zum 1.7. eines Jahres umgesetzt. Zum 1.7.2021 wurden coronabedingt keine Erhöhungen vorgenommen, für 2022 sind allerdings wieder nennenswerte Beträge (4,4%) angekündigt worden.
Die Renten erhöhen sich ab 1.7.2022 in den westlichen Bundesländern um 5,35% und in den östlichen um 6,12%.
Rentenanpassungen führen dazu, dass die darauf von der BFA zu erhebenden Beiträge entsprechend steigen und die Differenz zur Beitragsbemessungsgrenze sich entsprechend verringert und der vom Arbeitgeber einzubehaltende Beitragsanteil entsprechend reduziert werden muss. Diese Wechselwirkung zwischen Beitragsanteil der BFA und des vom Arbeitgeber zu verbeitragenden Anteils der Betriebsrente bedingt entsprechende rechtzeitige Informationen an die Krankenkasse über die bei der BFA nicht ausgeschöpfte Beitragsbemessungsgrenze und die Weitergabe dieses Betrages an den jeweiligen Arbeitgeber. Wird dem Arbeitgeber die zu berücksichtigende Beitragsbemessungsgrundlage nicht rechtzeitig mitgeteilt, erfolgt die Berechnung auf Basis alter Daten und erfordern ggf. spätere Korrekturen.
2.3. Anhebung des Mindestlohns
Zum 1.1.2022 wird der Mindestlohn von derzeit 9,60 € auf 9,82 € und ab 1.7.2022 sogar auf 10,45 € angehoben. Die Ampelkoalition hat bei Übernahme der Regierung eine sofortige Erhöhung auf 12,00 € angekündigt. Für einen Minijob bedeutet dieses, dass die Arbeitszeit ab 1.1.2022 auf 45,8 und ab 1.7.2022 auf 43 Stunden je Monat ggf. reduziert werden muss, damit der Mindeststundenlohn nicht unterschritten wird (siehe auch Steuerhinweis für Rentner Nr. 110 Ziffer 6). Zum 1.10.2022 hat der Bundestag die Erhöhung auf 12 € beschlossen und gleichzeitig die Minijob-Grenze auf 520 € angehoben, so dass weiterhin 43,33 Arbeitsstunden möglich werden.
3. Übergangsregelungen aufgrund des Alterseinkünftegesetzes
Die jährlichen Veränderungen dieses Gesetzes werden sich noch bis 2040 hinziehen. Das führt dazu, dass die steuerfreien Rentenanteile für in 2022 beginnende Renten sich weiter reduzieren und auch beim Sonderausgabenabzug und beim Altersentlastungsbetrag Minderungen eintreten. Wegen geplanter Änderungen durch die Ampelkoalition siehe Ziffer 10.
Folgende Änderungen treten 2022 ein:
- Für 2022 zu laufen beginnende Sozialversicherungsrenten erhöht sich der steuerpflichtige Anteil um einen weiteren Prozentpunkt auf 82 % (steuerfrei nur noch 18 %). Zur Frage der steigenden steuerlichen Belastung der Renten siehe Steuerhinweis für Rentner Nr. 123,
- für 2022 beginnende Betriebsrenten beträgt der Versorgungsfreibetrag nur noch 14,4 % der Bezüge (max. 1.404 €),
- der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen bei der Günstigerprüfung ist bereits ab 2020 ganz entfallen,
- der Altersentlastungsbetrag für Personen, die in 2021 das 64. Lebensjahr vollendet haben, beträgt 2022 nur noch 14,4 % der Einnahmen (max. 684 €). Wegen der Frage einer Einbeziehung der Kapitaleinkünfte in die Veranlagung zwecks Ausnutzung des Altersentlastungsbetrages siehe Steuerhinweis für Rentner Nr. 96.
Da nach dem Rentenbeginnjahr eintretende Rentenerhöhungen voll zu besteuern sind, können auch Rentner, die bisher nicht zur Steuer herangezogen werden mussten, weil ihre zu versteuernden Einkünfte die Grundfreibeträge nicht überschritten haben, künftig in die Steuerpflicht gelangen und eine Steuererklärung abzugeben haben.
4. Änderung bei der Einkommensbesteuerung durch das Familienentlastungsgesetz
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz bringt eine Entlastung bei der kalten Progression durch Verschieben der Eckwerte des Einkommenssteuertarifs um knapp 2 % nach rechts. Die Familienentlastung wird wie folgt weiterentwickelt (Kj. 2022 Stand 12/21):
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | |
Grundfreibetrag | 9.000 | 9.168 | 9.408 | 9.744 | 9.984 |
Unterhaltshöchstbetrag gem. § 33a EStG | 9.000 | 9.168 | 9.408 | 9.744 | 9.984 |
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende 1. Kind | 1.908
| 1.908 | 4.008 | 4.008 | 1.908 |
Entlastungsbetrag für jedes weitere Kind ab 2015 | 240 | 240 | 240 | 240 | 240 |
Kinderfreibetrag Ehepaar je Kind | 4.788 | 4.980 | 5.172 | 5.460 | 5.640 |
Betreuungsfreibetrag Ehepaar je Kind | 2.640 | 2.640 | 2.640 | 2.928 | 2.928 |
Summe Kinderentlastung Ehepaar je Kind | 7.428 | 7.620 | 7.812 | 8.388 | 8.388 |
Summe Kinderentlastung Ledige mit 1 Kind | 3.714 | 3.810 | 3.906 | 4.194 | 4.194 |
Summe Kinderentlastung Alleinerziehende 1 Kind | 5.622 | 5.718 | 7.914 | 8.202 | 6.102 |
30.6.2019 | 1.7.2019 | ||||
mtl. Kindergeld für 1. und 2. Kind | 194 | 204 | 204 | 219 | 219 |
mtl. Kindergeld für 3. Kind | 200 | 210 | 210 | 225 | 225 |
mtl. Kindergeld für jedes weitere Kind | 225 | 235 | 235 | 250 | 250 |
mtl. Kinderzuschlag für Alleinerziehende 1.Kind | 170 | 180 | 180 | 180 | 180 |
5. Minderung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung von Geschäftsfahrzeugen um alle selbst getragenen PWK-Kosten
Zum 1.1.2020 wurde für die Nutzer der früheren ARAL-CARD das Verfahren der Abrechnung der über die neue LOGOPAY Charge&Fuel Card bezahlten Kosten der persönlichen Geschäftsfahrzeuge geändert. Die mit der Karte beglichenen Tankstellumsätze (Kraftstoff, Fahrzeugwäsche und die Stromkosten bei E-Fahrzeugen) werden seitdem mit den monatlich tatsächlich gezahlten Beträgen über die Entgeltabrechnung einbehalten und dem zu versteuernden geldwerten Vorteil für die private PKW-Nutzung gegengerechnet, so dass bereits mit der monatliche Entgeltabrechnung die Steuerminderung wirksam wird. Der geldwerte Vorteil kann monatlich max. auf 0 € reduziert werden, nicht verrechenbare eigene Kosten können auch nicht auf andere Monate übertragen und verrechnet werden.
Selbst getragene Kraftstoffkosten (z.B. Tankkosten im Ausland) und übrige Fahrzeugkosten wie Garagen- oder Stellplatzmiete können jedoch von dem geldwerten Vorteil noch abgezogen werden, wenn sie gegenüber dem Finanzamt mit der Einkommensteuererklärung zusätzlich geltend gemacht werden (siehe Steuerhinweis für Rentner Nr. 109 und 122). Der geldwerte Vorteil kann aber max. auf 0 € reduziert werden.
Für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte hat sich die Werbungskosten-Entfernungspauschale ab 2021 von 30 auf 35 Cent je Entfernungskilometer erhöht. Dieses gilt auch, wenn das Geschäftsfahrzeug zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird. Sofern der Arbeitgeber in diesen Fällen nicht bereits bei der Entgeltabrechnung den erhöhten Werbungskostenabzug durch Kürzung des geldwerten Vorteils berücksichtigt, kann dieses bei der Steuerklärung geltend gemacht werden. Dazu ist es notwendig, durch Aufzeichnung der Fahrttage dieses entsprechend nachzuweisen.
Für E-Fahrzeuge wird zwecks Förderung der Umwelt der geldwerte Vorteil nur noch von der Hälfte (bzw. ¼) des Bruttolistenpreises berechnet. Darauf wird der vom Arbeitnehmer erhobene Kostenbeitrag angerechnet. Daher beträgt bei einer Kostenbeteiligung von 0,5% der zu besteuernde geldwerte Vorteil bereits 0 €. Für weitere Reduzierungen durch andere selbst aufgewendete Fahrzeugkosten bleibt daher kein Raum. Dadurch ist deren Aufzeichnung in diesen Fällen zwecks Geltendmachung bei der Steuererklärung nicht erforderlich.
6. Solidaritätszuschlag wurde 2021 für ca. 90% der Steuerzahler abgeschafft
Im ersten Schritt ist bereits zum 1.1.2021 eine Abschaffung des Soli für 90% der Steuerzahler wirksam geworden.
Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5% der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer. Kinderfreibeträge mindern die Bemessungsgrundlage. Wer eine jährliche Einkommensteuer von weniger als 972 € bezahlt, muss darauf schon vor der Gesetzesänderung keinen Soli entrichten.
Die Gesetzesänderung sieht eine Freigrenze vor, bis zu der auf die Einkommensteuer kein Soli erhoben wird. Das führt dazu, dass für Ledige (Grundtabelle 2022) bei einem zu versteuernden Einkommen bis 62.440 € kein Soli erhoben wird. Bei Ehegatten (Splittingtabelle) verdoppelt sich die Freigrenze auf 124.880 € zu versteuerndes Einkommen.
Wer mehr als die genannten Beträge als Einkommensteuer zu entrichten hat, muss darauf grundsätzlich einen Solidaritätszuschlag ohne Berücksichtigung eines Freibetrages entrichten. Oberhalb der Freigrenze wird der Soli zunächst mit einem geringeren Prozentsatz erhoben, der mit wachsendem Einkommen auf 5,5% steigt.
7. Verdoppelung der Freibeträge und Vergünstigungen für (Schwer-)Behinderte
Wegen der erheblich angewachsenen Krankheitskosten und anderer Kosten sind ab 1.1.2021 die Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung verdoppelt worden. Für Behinderungen kleiner als 50% muss eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit nicht mehr nachgewiesen werden.
Einzelheiten sind dem Steuerhinweis für Rentner Nr. 131 zu entnehmen.
Bei der Pflege einer Person (Eltern, Kind) wird ab 1.1.2021 statt der Steuerermäßigung nach § 33 EStG folgender Pflege-Pauschbetrag gewährt, bei
Pflegegrad 2 600 €
Pflegegrad 3 1.100 €
Pflegegrad 4 oder 5 1.800 €
Dadurch soll der vielfältigen Belastung, die die häusliche Pflege für den Pflegenden mit sich bringt, ohne den bisher notwendigen Nachweis der Mehrkosten vereinfacht Rechnung getragen werden.
Behinderungsbedingte Fahrtkosten brauchen künftig nicht mehr individuell nachgewiesen zu werden. Dafür wird ein Pauschbetrag gewährt, der
- bei einer Behinderung von 80% oder Behinderung von 70% und Merkzeichen G 900 € und
- für Menschen mit Merkzeichen „aG“, „BI“ oder „H“ 4.500 € beträgt.
Die genannten Vergünstigungen sind grundsätzlich im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend zu machen. Sie können jedoch auch als Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt werden. Dazu ist ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung beim Wohnsitzfinanzamt zu stellen.
8. Steuerliche Neuregelungen durch das Jahressteuergesetz 2020
Die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen gem. § 21 EStG wurde bei einer verbilligten Wohnraumvermietung dahingehend verbessert, dass der volle Abzug bereits dann möglich wird, wenn die Miete mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt (bisher 66 %).
Weitere Verbesserungen betreffen die Erhöhung der Übungsleiterpauschale auf 3.000 € und der Ehrenamtspauschale auf 840 € sowie des Freibetrags für gemeinnützige Vereine und Stiftungen von 5.000 € auf 7.500 € und die Erhöhung der Grenze für Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern auf 1.000 €.
Für Aufwendungen, die durch Homeoffice im Zusammenhang mit der Corona-Krise anfallen, sind für 2020 und 2021 als Werbungskosten eine Pauschale von 5 € je Tag (max. 600 € pro Jahr) absetzbar, an dem der Arbeitnehmer nicht im betrieblichen Büro arbeitet. Sie sind aber nur abzugsfähig, wenn und soweit sie zusammen mit anderen Werbungskosten die Werbungskostenpauschale von 1.000 € übersteigen. Zum Nachweis sollten die Tage der Heimarbeit aufgezeichnet werden. Für 2022 wird im Koalitionsvertrag der neuen Regierung eine Verlängerung der Homeoffice-Regelung angekündigt.
9. Änderung des Umsatzsteuersatzes zum 1.1.2021
Die durch die Corona-Steuerhilfemaßnahmen in 2020 durchgeführten Umsatzsteuersenkungen und Sonderregelungen für das Gastronomiegewerbe laufen zum 1.1. und 30.6.2021 wie in der Tabelle dargestellt aus bzw. wurden für bestimmte Gastronomieleistungen mit dem Steuersatz von 7 % sogar bis 31.12.2022 verlängert worden.
Umsatzsteuersätze des Hotel- und Gaststättengewerbes | bis 30.6.2020 u. ab 1.7.2021 | 1.7.2020 bis 31.12.2020 | 1.1.2021 bis 31.12.2022 |
Dauervermietung von Wohn- und Schlafräumen ohne Hoteldienstleistungen |
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Vermietung von Wohn- und Schlafräumen zur kurzfristigen Beherbergung | 7% | 5% | 7% |
Gastronomieleistungen (Hotelfrühstück, Restaurantleistungen außer Getränke) | 19% | 5% | 7% |
Getränke als Gastronomieleistungen | 19% | 16% | 19% |
Speisen und Getränke der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 UStG to go (außer Haus) | 7% | 5% | 7% |
10. Welche Maßnahmen werden aufgrund des Koalitionsvertrages der neuen Regierung evtl. schon in 2022 umgesetzt und wirksam?
Am 4.11.2020 wurde der Koalitionsvertrag vorgestellt, der anschließend von den betroffenen Parteien verabschiedet wurde, so dass Olav Scholz am 8.12.2021 als Bundeskanzler gewählt werden konnte.
Für die Finanzen und den Haushalt enthält der Vertrag u.a. folgende Maßnahmen:
- Die Schuldenbremse wird erst ab 2023 wieder gelten, die dadurch für 2021 und 2022 freiwerdenden Spielräume sollen für die Ausstattung des Energie- und Klimafonds verwendet werden
- Die Tilgung der Corona-Schulden wird gestreckt werden
- Bei der Rentenbesteuerung soll die volle Absetzbarkeit der Versicherungsbeiträge von 2025 auf 2023 vorgezogen und die volle Besteuerung der Rente von 2040 auf 2060 hinausgeschoben werden (siehe Ziffer 3)
- Der Sparerpauschbetrag soll ab 1.1.2023 von 808 € auf 1.000 € angehoben werden (bei Ehegatten verdoppeln sich diese Beträge)
- Der Ausbildungsfreibetrag wird von 924 € auf 1.200 € erhöht
- Die Grunderwerbsteuer soll von den Kommunen bei Ersterwerb von Immobilien gesenkt werden.
In einer Talkshow hat der bisherige und künftige Minister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil darüber hinaus folgende alsbaldige Vergünstigungen versprochen:
- Ein steuerfreier Bonus soll den Mitarbeitern des Kranken- und Pflegedienstes für ihre überdurchschnittlichen Belastungen gezahlt werden
- Privatpersonen, die Pflege- und Krankendienste leisten, sollen einen Betrag von 2.000 € zur Bezahlung ihrer Aufwendungen für Pflege- und Reinigungskosten erhalten.
Eingefügt am 16.2.2022
In dem Entwurf eines vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 16.2.2022 wird bereits rückwirkend ab 1.1.2021 eine Steuerfreistellung von bis zu 3.000 € für vom Arbeitgeber aufgrund bundes- oder landesrechtlicher Regelungen an in bestimmten Einrichtungen (insbesondere Krankenhäusern) tätige Arbeitnehmer gewährte Sonderleistungen zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Coronakrise vorgesehen.
Als weitere Maßnahmen sieht der Gesetzentwurf
- die Verlängerung der steuerlichen Förderung der steuerfreien Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld und die bestehende Homeoffice-Pauschale von 5 € bis zum 31.12.2022 vor.
Für Unternehmen
- wird die Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressives Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens um 1 Jahr verlängert für Wirtschaftsgüter, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden,
- die erweiterte Verlustverrechnung wird bis Ende 2023 verlängert und für 2022 und 2023 der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio Euro (bei Zusammenveranlagung 20 Mio Euro) angehoben,
- die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG, die 2022 auslaufen, und für Reinvestitionen nach $ 6b EStG werden um ein weiteres Jahr verlängert.
Die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen 2020 wird in beratenden Fällen um weitere 3 Monate verlängert und auch für die Steuererklärungen 2021 und 2022 entsprechend verlängert.
Durch Beschluss der Konferenz der Länderchefs vom 16.2.2022 werden auch die Corona-Wirtschaftshilfen bis Ende Juni 2022 verlängert.
11. Die Grundsteuerreform und ihre Umsetzung bis 1.1.2025
Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 10.8.2018 die grundsteuerrechtliche Bewertung anhand von Einheitswerten für verfassungswidrig erklärt und eine gesetzliche Neuregelung gefordert hatte, wurde im November 2019 mit dem Grundsteuer-Reformgesetz ein sogenanntes Bundesmodell geschaffen.
Damit werden die Einheitswerte, die in den neuen Bundesländern seit dem 1.1.1935 und in den alten Bundesländern seit der Grundsteuerreform vom 1.1.1964 gelten, zum 31.12.2024 ihre Gültigkeit verlieren (siehe Steuerhinweis für Rentner Nr. 105). Es wird also bis dahin erforderlich werden, dass für ca. 36 Millionen bebaute und unbebaute Grundstücke sowie Betriebe der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Grundsteuererhebung die bisherigen Einheitswerte auf eine neue Grundlage gestellt werden. Zu diesem Zweck wird es schon ab 2022 notwendig werden, dass für jede wirtschaftliche Einheit vom Eigentümer bzw. von der Eigentümergemeinschaft eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes gegenüber dem Finanzamt elektronisch abgegeben wird.
Nach dem bisherigen Verfahren stellt das Finanzamt den Einheitswert (künftig Grundsteuerwert) fest und ermittelt daraufhin durch Anwendung einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag. Dieser wird der Gemeinde mitgeteilt, auf dem das Grundstück belegen ist, damit diese durch Multiplikation mit dem von ihr festgelegten Hebesatz die Grundsteuer festsetzt und dem Eigentümer durch den Grundsteuermessbescheid mitteilt. Diese Verfahrensweise wird auch künftig beibehalten.
Das beschlossene Bundesmodell sieht für die Feststellung des Grundsteuerwertes für Wohngrundstücke neben der Grundstücks- und Wohnfläche den Bodenrichtwert sowie die Gebäudeart und das Baujahr des Gebäudes mit den Wertverhältnissen zum 1.1.2022 vor.
Davon können die Länder aber abweichende Modelle beschließen. Von dem Bundesmodell machen die meisten Länder Gebrauch, während 5 Länder eigene Modelle anwenden. Dazu zählt auch Niedersachsen, das am Juli 2021 ein Gesetz verabschiedet und sich für ein Flächen-Lage-Modell mit einer Lage-Komponente entschieden hat. Die Grundsteuer wird dabei nicht allein nach der Fläche des Grundstücks bemessen, sondern je nachdem, wo sich das Grundstück innerhalb der Stadt oder Gemeinde befindet. Aus dem Verhältnis des Bodenrichtwerts zum durchschnittlichen Bodenrichtwert der Gemeinde wird ein Lagefaktor abgeleitet, der mit den Äquivalenzbeträgen der Fläche des Grund und Bodens und der Gebäudefläche multipliziert wird und so den Grundsteuerwert für die Anwendung der Messzahl und des Hebesatzes ergibt.
Die durch die Neuregelung denkbaren Mehrbelastungen an Grundsteuer sollen möglichst durch Anpassung der Gemeindehebesätze ausgeglichen werden. Ob und in welchem Umfang dieses realisiert werden kann, werden erst konkrete Berechnungen anhand abgegebener Erklärungen erkennen lassen.
Da die Ermittlung des Grundsteuerwertes für jede wirtschaftliche Einheit sehr zeitaufwendig sein wird, hat das Bundesfinanzministerium in seinem Monatsbericht vom November 2021 einen Überblick zur Grundsteuerreform gegeben und darauf hingewiesen, dass die Eigentümer der Grundstücke schon bald damit rechnen können, vom Finanzamt Erklärungsvordrucke für die Erstellung und Abgabe der elektronischen Formulare zu erhalten.
Helmut Laser