Steuerhinweis für Rentner Nr.40 neu www.helmutlaser.com 1.5.2022
Die Besteuerung der privaten Dienstwagennutzung
(eine unendliche Geschichte)
1. Ermittlung des geldwerten Vorteils der privaten Nutzung von Geschäftsfahrzeugen
Die Frage, ob ein betriebliches Fahrzeug auch für private Fahrten des Unternehmers oder seiner Arbeitnehmer eingesetzt wurde und dafür bei der Gewinnermittlung oder der Lohnversteuerung die notwendigen Konsequenzen gezogen wurden, war schon in den 50ziger Jahren ein regelmäßiger Diskussionspunkt zwischen dem Finanzamt und den zu besteuernden Unternehmen. Regelmäßig wurde eine Kürzung der betrieblich geltend gemachten Fahrzeugkosten um 10 bis 25 % je nach Unternehmenszweig gefordert, wenn nicht durch entsprechende Aufzeichnungen ein genauer Nachweis für den Privatanteil erbracht werden konnte.
Nachdem in Großunternehmen und insbesondere der Automobilindustrie die Führungskräfte zunehmend mit Geschäftsfahrzeugen ausgestattet wurden und damit das Problem der Bewertung des privaten Nutzungsanteils immer bedeutsamer wurde, hat der Gesetzgeber mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG eine Fiktion für eine pauschale Ermittlung des Privatanteils geschaffen, die für den Unternehmer ebenso gilt wie für seine Arbeitnehmer. Danach ist der private Nutzungsanteil eines Kraftfahrzeugs für jeden Monat mit 1 % des inländischen Listenpreises einschließlich MWSt (Bruttolistenpreis) zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen anzusetzen. 2006 wurde in das Gesetz der Passus eingefügt: „wenn das Fahrzeug zu mehr als 50% betrieblich genutzt wird“, also notwendiges Betriebsvermögen ist.
VW Geschäftsfahrzeuge werden wegen ihrer geringen privaten Nutzung (Haltefrist 1/2 Jahr) notwendiges Betriebsvermögen und daher für 1%-Regelung akzeptiert.
Alternativ kann für Privatfahrten der Kostenanteil angesetzt werden, der sich je Fahrzeug anhand der aufgezeichneten Kosten und des mittels eines genau geführten Fahrtenbuches ermittelten Privatanteils errechnet. Für Fahrten Wohnung/ Arbeitsstätte sind für jeden Monat 0,03 % des Bruttolistenpreises (BLP) je Entfernungskilometer zusätzlich zu berücksichtigen.
Der nach diesen Grundsätzen ermittelte Wert ist als geldwerter Vorteil der Besteuerung zuzuführen und zwar beim Unternehmer als Privatentnahme durch Hinzurechnung beim Unternehmensgewinn und bei Arbeitnehmern durch Erhöhung des steuerpflichtigen Entgelts. Wird vom Arbeitnehmer eine Kostenbeteiligung erhoben, so mindert sich der Hinzurechnungsbetrag entsprechend.
2. Steuerliche Behandlung der privaten Dienstwagennutzung bei VW
Bis 1979 hat VW für das privat genutzte Geschäftsfahrzeug eine Kostenbeteiligung von 1 % des BLP erhoben und die Steuer auf den ggf. erforderlichen Zuschlag für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte übernommen.
Ab 1980 entfiel die Kostenbeteiligung und der Arbeitnehmer musste nur noch die auf den geldwerten Vorteil von 1 % des BLP entfallende Steuer tragen, während das Unternehmen die Steuer für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte weiterhin übernahm.
Bei der ab 1991 eingeführten Nutzung eines zweiten Geschäftsfahrzeuges für die Familie der Führungskraft war ebenfalls nur die Steuer auf den geldwerten Vorteil von 1 % BLP vom Arbeitnehmer zu tragen.
Seit Mitte 2002 erhalten auch ehemalige VW-Mitarbeiter, die während ihrer aktiven Zeit dienstwagenberechtigt waren, als Werksrentner ein Geschäftsfahrzeug gegen eine monatliche Miete von 0,5 % des Bruttolistenpreises des genutzten Fahrzeugs.
1 % des BLP abzgl. der Kostenbeteiligung von 0,5 % sind somit als geldwerter Vorteil zu versteuern. Nebenleistungen wie Fahrzeugwäsche und Benzinkosten sind selbst zu tragen.
Im April 2006 wurde den aktiven VW-Mitarbeitern für die private Dienstwagennutzung eine persönliche ARAL-Tankkarte zur Verfügung gestellt. Die darauf getankten Kraftstoffe und Dienstleistungen wurden von ARAL der VW AG monatlich berechnet und den Mitarbeitern durch Abzug vom Entgeltsnetto weiterbelastet. Im Oktober 2006 wurde diese Regelung auf die dienstwagenberechtigten ehemaligen VW-Mitarbeiter ausgedehnt (VMA-Steuer Info 49 vom 17.12.06).
VW behandelte diese weiterberechneten Beträge als zusätzliche Kostenbeteiligung und reduzierte insoweit den zu versteuernden Betrag von 0,5 % des BLP. Diese Handhabung wurde der VW AG vom Finanzamt Gifhorn auf Weisung der OFD Hannover im Rahmen einer verbindlichen Auskunft als rechtlich zulässig bestätigt und bei der monatlichen Abrechnung und Jahresbescheinigung entsprechend umgesetzt mit der Folge, dass eine geringere Steuer für die Dienstwagennutzung anfiel. Die steuerlichen Auswirkungen wurden mit den Steuerhinweisen für Rentner Nr. 16 vom 12.9.2008 und Nr. 29 vom 9.1.2010 ausführlich erläutert.
Bei ehemaligen VW-Mitarbeitern wurden außerdem bis 2010 die geldwerten Vorteile (Dienstwagennutzung und andere) nicht den Versorgungsbezügen zugeordnet, sondern als sonstige Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit angesehen, so dass darauf der Arbeitnehmerfreibetrag und bei über 64jährigen der Altersentlastungs- betrag anwendbar waren.
Durch Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 23.8.2010 wurde festgelegt, dass die geldwerten Vorteile bei einem Versorgungsempfänger (z. B. VW-Rentner) dem laufenden Versorgungsbezug zuzuordnen sind, was VW ab 1.1.2011 bei den Entgeltabrechnungen entsprechend umsetzte. Die Auswirkungen für die VW-Werksrentner wurden in der Steuerinfo Nr. 34 vom 15.3.2011 dargestellt.
Mit Einführung der E-Fahrzeuge und Elektrohybridfahrzeuge war der geldwerte Vorteil zwecks Förderung der E-Mobilität nur auf 50 % des BLP zu berechnen.
3. Die Behandlung der Tankkartenumsätze als Kostenbeteiligung
3.1. Rechtsstreit über die zutreffende Behandlung der Tankkartenumsätze
Anfang 2012 wurden von einigen außerhalb Niedersachsens ansässigen Finanzämtern für die Jahre 2007 und 2008 Prüfungsfeststellungen einer bei der VW AG durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung ausgewertet. Den betroffenen VW-Rentnern wurde die Nachversteuerung der Tankkartenumsätze, die vom Arbeitgeber VW in diesen Jahren vom geldwerten Vorteil der Dienstwagennutzung abgezogen worden waren, angekündigt. Es wurde um Zustimmung zur Änderung der rechtskräftigen Steuerbescheide bzw. um Stellungnahme gebeten.
In Niedersachsen unterblieben solche Ankündigungen der Finanzämter, weil die 2004 vom Finanzamt Gifhorn auf Weisung der OFD Hannover erteilte verbindliche Auskunft zunächst nicht widerrufen wurde. Denn das Niedersächsische Finanzministerium sah nach wie vor den Abzug der Tankkartenumsätze vom Nettogehalt als Kostenbeteiligung an und betrachtete die entsprechende Kürzung des 1%igen geldwerten Vorteils für die Dienstwagennutzung als rechtens. Eine Klärung sollte bei der nächsten Konferenz der Lohnsteuerreferenten erfolgen
Es musste daher abgewartet werden, ob eine bundesweite Regelung zu einer anderen Entscheidung führte und in Niedersachsen die verbindliche Auskunft widerrufen wird und welche Folgerungen die Finanzverwaltung daraus für die Zukunft und ggf. auch für die Vergangenheit ziehen würde.
Die Lohnsteueraußenprüfung hatte dazu die Ausfassung vertreten, auch für bereits rechtskräftig veranlagte Fälle sei eine Berichtigung der Bescheide mit entsprechenden Steuernachforderungen zulässig, weil der Vertrauensschutz nur für das Lohnsteuer- abzugsverfahren des Arbeitgebers gilt und keine Bindungswirkung für das Einkommensteuerverfahren des Arbeitnehmers hat. Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung läge ein Berichtigungsgrund lt. § 173 AO vor. Diese Auffassung wurde zumindest in Niedersachsen und besonders bei den Fällen des Finanzamts Gifhorn für anfechtbar angesehen, weil diesem Finanzamt der Sachverhalt bekannt war und neue Tatsachen somit nicht vorlagen.
Volkswagen hat in Verhandlungen mit der Finanzverwaltung schließlich erreicht, dass der Abzug der Tankkartenumsätze vom geldwerten Vorteil bis 30.6.2013 anerkannt wurde. Soweit in einzelnen Bundesländern bereits geänderte Steuerbescheide erteilt wurden, wurden diese bei eingelegten Einsprüchen wieder zurückgenommen. Ab 1.7.2013 wurde der Abzug der Tankkartenumsätze vom geldwerten Vorteil der privaten Fahrzeugnutzung nicht mehr anerkannt und von VW beim Lohnsteuerabzug entsprechend nicht mehr vorgenommen.
3.2. Änderung der Nutzungsbedingungen der Aral Card ab 1.7.2013
Ab 1.7.2013 wurde anstelle der Tankkartenumsätze eine monatliche Kostenpauschale von der Nettorente einbehalten. Diese errechnete sich nach der voraussichtlichen Jahreskilometerleistung der Geschäftsfahrzeuge und wurde bei Abweichungen von mehr als 600 km ggf. am Jahresende korrigiert. Bei Dieselfahrzeugen wurden 0,11 € je km angesetzt, bei Benzinfahrzeugen 0,16 € je km. Der daraus sich ergebende Jahreswert wurde durch die Anzahl der Monate geteilt (1/6 im Jahr 2013 und 1/12 ab 2014). Dieser Monatswert wurde von der monatlichen Nettorente einbehalten und in derselben Höhe -wie die bisherigen Tankkartenumsätze- von dem geldwerten Vorteil (bei VW-Rentnern 0,5 v.H. des Bruttolistenpreises) gekürzt und führte dann auf Basis des individuellen Grenzsteuersatzes zu einem geringeren Steuerabzug. Die bei Aral mit der Card abgerechneten Umsätze wurden voll von VW getragen. Mit der Kilometer-Kostenpauschale waren alle mit der Card abgerechneten Aral-Leistungen abgegolten (Kraftstoff, Schmiermittel, Frostschutz und Fahrzeugwäsche innen und außen).
Erstmalig wurden für das 2. Halbjahr 2013 von jedem Dienstwagenberechtigten die voraussichtlichen Kilometer abgefragt und darauf die monatliche Pauschale errechnet und ab Juli 2013 angewendet. Mit der Angabe der km entschied sich der Dienstwagenberechtigte für die Anwendung des Verfahrens und konnte dieses erst wieder zum nächsten Jahreswechsel abwählen. Wurden keine Angaben gemacht, wurde die Aral Card ab 1.7.2013 gesperrt.
Ob dieses Verfahren eine akzeptable Regelung darstellt, konnte jeder Dienstwagen- nutzer aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse und Daten nur für sich errechnen.
3.3. Einführung der LOGOPAY Charge&Fuel Card ab 1.1.20020
Im Zusammenhang mit der Einführung der E-Mobilität wurde die Aral-Card ab 1.1.2020 durch die LOGOPAY Charge&Fuel ersetzt. Damit konnten alle für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und E-Fahrzeuge entstehenden Kosten durch den Fahrzeugnutzer bezahlt werden. Sie wurden der VW AG von der Tankstelle in Rechnung gestellt und dem Nutzer im Rahmen der Entgeltabrechnung monatlich vom Nettoentgelt einbehalten und vom geldwerten Vorteil als Kostenbeteiligung abgezogen. Damit wirken sie unmittelbar als steuermindernde Maßnahme.
Durch BFH-Rechtsprechung wurde bereits 2026 die Behandlung selbst getragener Fahrzeugkosten als steuermindernde Kostenbeteiligung zugelassen, was auch die steuerliche Behandlung der durch Kartenumsätze bezahlten Fahrzeugkosten insbesondere bei Stromkosten vereinfachte.
Helmut Laser