Steuerhinweis für Rentner Nr. 72                                                                    22.03.2016

Welche Auswirkungen ergeben sich beim Tod eines Ehegatten für die Höhe des Einkommens der Witwe/Witwer und dessen Besteuerung

1. Vorbemerkung
Je älter wir werden, umso mehr drängt sich den Rentnern die Frage auf, wie werden sich meine Einkünfte in Zukunft entwickeln und was bleibt im Todesfall für den Überlebenden übrig. Dabei ist zunächst zu klären, welche Einkünfte fortbestehen und in welcher Höhe. Dann fragt sich, welche Abzüge für Krankenkasse und Pflegeversicherung sowie welche Steuerbelastungen aus dem reduzierten Einkommen werden im Todesjahr und danach entstehen.

Die erste Frage wurde unter www.helmutlaser.de im Steuerhinweis für Rentner Nr. 69 wie folgt erörtert:

2. Berechnung der Hinterbliebenenrente 
Grundsätzlich hat nur der Versicherte selbst Anspruch auf Rente wegen Alters. Bei Verheirateten hat somit jeder Ehepartner seinen eigenen durch Beitragszahlungen erworbenen Rentenanspruch, der im Todesfall grundsätzlich untergeht. Allerdings erhält der überlebende Ehegatte in folgender Höhe einen Ersatz für den durch den Tod des Partners entgangenen Unterhalt:
- Die volle Rente des Verstorbenen bis zum Ende des 3. Kalendermonats nach dem Sterbemonat (Sterbevierteljahr).
- Anschließend erhält der/die Überlebende eine Hinterbliebenenrente in Höhe eines prozentualen Anteils der Rente des Verstorbenen (ggf. nach erfolgter Einkommensanrechnung).
Zu den Renten wegen Todes zählen die Witwen-, Witwer- sowie Waisenrenten, aber auch Renten an überlebende eingetragene Lebenspartner, Witwen- und Waisenrenten an vor dem 1.1.1977 geschiedene Ehegatten und Witwen- und Waisenrenten nach dem vorletzten Ehegatten oder dem vorletzten eingetragenen Lebenspartner sowie Erziehungsrenten.
Die große Witwen-/Witwerrente beträgt 60 % der Rente, wenn der/die Hinterbliebene mindestens 45 Jahre alt ist oder berufs- oder erwerbsunfähig ist oder ein Kind erzieht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, beträgt der Prozentsatz nur 25 % (kleine Witwen-/Witwerrente).
Hat der überlebende Ehepartner zur Unterhaltssicherung ein eigenes Einkommen, so wird auf die Witwen-/Witwerrente ein Betrag angerechnet. Bei der vom Rentenversicherungsträger vorzunehmenden Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens sind neben der eigenen Rente auch alle anderen Einkommensarten wie z. B. Kapitaleinkünfte oder Mieteinnahmen zu berücksichtigen. Ausgenommen sind Renten aus steuerlich geförderten Altersvorsorge- Verträgen und die steuerfreien Einnahmen (wie z.B. Arbeitslosengeld II). Von den Einnahmen werden zur Ermittlung des Nettoeinkommens pauschal 40 %, bei Altersrenten 14 % für Sozialabgaben und Steuern abgezogen (ggf. auch individuell,  wenn dem Versicherungsträger entsprechende Angaben gemacht werden). 
Von dem eigenen Nettoeinkommen wird ein gesetzlich festgelegter Freibetrag abgezogen, der 2015 in den alten Bundesländern 771,14 € und in den neuen Bundesländern 714,12 € beträgt. Für jedes Kind mit Anspruch auf Waisenrente erhöht sich der Freibetrag 2015 um 163,58 €. Von dem Betrag, den das Nettoeinkommen den Freibetrag übersteigt, werden 40 % auf die Witwen-/Witwerrente angerechnet. Die Freibeträge werden jährlich angepasst und betragen das 29,21 fache des Rentenwertes von z.Zt. 29,21 € (West) bzw. 27,05 € (Ost) .
Für Ehepaare, die vor dem 1.1.2002 geheiratet haben und der ältere Partner an diesem Tage bereits 40 Jahre alt  war, sind nach der Vertrauensschutzregelung nur Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen und keine Vermögenseinkommen (z. B. Zinsen) in die Einkommensberechnung einzubeziehen.

3. Die Abgabenbelastung 
Die Frage, welche Abzüge anfallen und insbesondere, welche steuerlichen Belastungen auf die Einkünfte des Überlebenden entstehen, stellt sich von Jahr zu Jahr durch Veränderung des Abgabenrechts neu und kann daher nur für das Jahr 2016 und für das Folgejahr nach den für 2016 geltenden Regeln vorläufig beantwortet werden.

Beispielsrechnung

Durch folgendes Beispiel soll die Problematik beispielhaft erläutert und errechnet werden, welche Beträge dem oder der Überlebenden für ihre(n) Lebensunterhalt verbleiben:

Das Ehepaar Hans und Inge haben im Kalenderjahr 2016 folgende Einkünfte:

Hans bezieht seit 2000 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) eine gesetzliche Rente (kurz BfA-Rente), die ab Januar 1.800 € monatlich beträgt. 
Außerdem bekommt er als ehemalige Führungskraft von seinem ehemaligen Arbeitgeber eine 
Betriebsrente von monatlich 5.000 €, die vom Arbeitgeber als nachträgliche Einkünfte aus früherer Arbeitnehmertätigkeit der Lohnbesteuerung unterworfen wird.  
Als 
Kapitaleinkünfte fließen ihm monatlich Zinsen in Höhe von 400 € zu, von welcher die Bank 25% Abgeltungssteuer (zuzüglich Solidaritätszuschlag) einbehält und ans Finanzamt abführt. Diese Einkünfte gehen mit seinem Tod auf die Ehefrau über.

Inge bezieht seit 2005 eine BfA-Rente, die ab Januar 2016 monatlich 400 € beträgt.
Aus der 
Vermietung einer Eigentumswohnung erhält sie monatlich 900 €.

Hans verstirbt am 31.3.2016.

Seine BfA-Rente wird noch 3 Monate und die betriebliche Versorgungsrente noch 1 Monat voll an seine Witwe gezahlt. Ab 1.5.2016 reduziert sich die betriebliche Rente auf 3.000 € (60%). 
Die BfA-Rente beträgt ab 1.7.2016 zwar 60% von 1.800 € (1.080 €), wird aber wegen eigener Einkünfte der Witwe durch die BfA zusätzlich gekürzt. Der Kürzungsbetrag errechnet ich wie folgt:
Die eigenen monatlichen Einkünfte der Witwe betragen 400 € BfA-Rente und 900 € Mieteinnahmen, also insgesamt 1.300 €. Der Betrag mindert sich für Werbungskosten um 40% der Mieteinnahmen (= 360 €) und für Sozialabgaben um 14% der BfA-Rente (= 56 €), so dass 884 € verbleiben. Dieses Nettoeinkommen übersteigt den 2016 geltenden Freibetrag von 771,14 € um 112,86 €. Davon werden 40% (= 45,14 €) auf die 1.080 € angerechnet, so dass Inge von der BfA-Rente des Hans künftig 1.034,86 € als Renteneinnahme verbleiben, von der die BfA die Beiträge für Krankenkasse 7,3% zuzüglich 1,1% Zusatzbeitrag (Deutsche BKK) und Pflegeversicherung mit 2.35% einbehält und insgesamt also 10,75% abführt.

Inge erhält daher ab dem 4. Monat nach dem Tod von Hans folgende monatlichen Bruttoeinnahmen:
Geerbte Zinserträge                                                    400,00 €
Eigene Mieteinnahmen                                               900,00 €
Eigene BfA-Rente                                                       400,00 €
BfA-Witwenrente des Mannes                                  1.034,86 €
Betriebliche Witwenrente des Mannes                     3.00
0,00 €
insgesamt                                                                7.734,82 €

Von den beiden BfA-Renteneinkünften in Höhe von 1.434,86 € erhebt die BfA die genannten Sozialabgaben, das sind 10,75%.

Für die betriebliche Rente muss der Arbeitgeber die Sozialabgaben mit 15,7% für Kranken- und 2,35 % für Pflegeversicherung einbehalten, soweit die Summe der BfA- und betrieblichen Renten die Beitragsbemessungsgrenze von monatlich 4.237,50 € nicht übersteigt. Der Arbeitgeber muss 15,7% KV (einschl. Zuschlag) und 2,35% PV einbehalten.

Außerdem werden von der Betriebsrente Steuern einbehalten, die später auf die Jahressteuer angerechnet werden. Entsprechendes gilt ggf. für die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, wenn diese in die Einkommensteuerveranlagung einbezogen werden.

Die Besteuerung des erwarteten Jahreseinkommens stellt sich dann wie folgt dar: 


Fiktive   Steuerberechnung für das Todes- und Folgejahr

  

Steuerberechnung  

  

2016

  

2017

Einkünfte des/der

Verstorbenen 2016

Witwe 2016

Witwe

aus nichtselbständiger Arbeit



  

Betriebsrente des Verstorbenen
(3 x 5.000 )

15.000



Witwenrente (1 x 5.000 € + 8 x 3.000 €)


29.000

  

Witwenrente (12 x 3.000 €)



36.000 

Summe

   15.000

    29.000

    36.000

Versorgungsfreibetrag +
Zuschlag (3.900 €)

-975

-2.925

-3.900

Werbungskosten-Pauschbetrag

  -102

    -102

    -102

zu versteuernde betriebliche Rente

    13.923

    25.973

    31.998

Sonstige Einkünfte (BfA-Renten)



  

BfA-Rente des Verstorbenen
(3 x 1.800 €)

    5.400


  

Witwenrente (3 x 1.800 € + 6 x 1.035 €)


11.610 

 

Witwenrente (12 x 1.035 €) 



   12.420

eigene Rente der Witwe (12 x 400 €) B


    4.800

   4.800

Summe

    5.400

    16.410

    17.220

Steuerfreibetrag (50% Rente des Mannes zu Rentenbeginn)  

    -2.400

    -7.200

    -9.600

Steuerfreibetrag (50% der Rente der Frau zu Rentenbeginns)


    -2.100

  -2.100

Werbungskosten-Pauschbetrag

    -102

    -102

    -102

zu versteuernde BfA-Renten

    2.898

    7.008

    5.418

Kapitaleinkünfte



 

Verstorbener (3 x 400 €), Witwe als Erbe
(9 x 400 €, bzw. 12 x 400 €)

    1.200

    3.600

    
4.800

Sparerfreibetrag anteilig
voll als Alleinstehende

    -400

    -1.202

    
-801

 

Werbungskosten

    -102

    -102

    -102

zu versteuernde Zinserträge

    698

    2.296

    3.897

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung




Einnahmen (12 x 900 €)


    10.800

    10.800

Hausumlage und sonstige Hausausgaben


    -8.400

    -8.400

zu versteuernde Einkünfte aus V+V

    0

    2.400

    2.400

Gesamtbetrag der Einkünfte

    17.519

    37.677

    43.713

Altersentlastungsbetrag auf Zins- und  V+V-Einkünfte von

698

4.696

6.297

Freibetrag (40% max. 1.900 €)

    279,20

   1.878,40

 1.900,00

Entlastungsbetrag für Verwitwete gem. § 24 b Abs. 2 EStG (1.308   €, wenn kein Splitting anzuwenden ist)


  

0,00

  

0,00

verbleiben zu versteuern

    17.239,80

 35.798,60

 41.813,00

Summe beider Ehegatten / Witwe


 53.038,40

 41.813,00

 




Vorsorgeaufwendungen (Kranken- und Pflegeversicherung)



  

Da die Einnahmen aus den Rentenversicherungen die BBG von 50.850 € nicht übersteigen, sind 2016 auf alle Einnahmen Beiträge zu erheben,
2017 nur bis zur BBG:


 





36.000 max

auf Betriebsrente von

15.000

29.000

33.630

KV 18,05% einschl. Zuschlag der Deutschen BKK von 1,1 %)

    2.707

   5.234,50

  6.070

auf BfA-Rente

5.400

16.410

17.220

10,75%

  •     581

    1.764

    1.851

Basisbeiträge zusammen

    3.288

    6.999

    7.921

Beträge sind höher als Sonderausgaben-Höchstbetrag nach alten  Recht daher sind


  


insgesamt   als Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig


   
10.287 

   

 7.921

 

Ohne Berücksichtigung weiterer Sonderausgaben und außergewöhnlicher Belastungen beträgt das



  









zu versteuernde Einkommen 

  

 42.751

 33.892

die Einkommensteuer darauf beträgt nach dem Splittingtarif 2016

    

   5.866,00


3.524

der Solidaritätszuschlag beträgt


    322,63

    193,82

die das Gesamteinkommen belastende Steuer beträgt somit

  

    6.188,63

   
 
3.717,82

Die Steuer beträgt für 2018, das 2. Jahr nach dem Tode des Ehemanns lt. Grundtabelle   

Einkommensteuer
Solidaritätszuschlag
insgesamt

   

6.721,00
369,65
7.090,65

Der Vorteil aus dem Splittingtarif beträgt



2.471





Bei Zugehörigkeit zu einer Kirche ist zusätzlich Kirchensteuer zu erheben  








Die der Witwe zur Verfügung stehenden Mittel berechnen sich wie folgt:





  

  2017

2018

Einnahmen aus Betriebsrente


    36.000

    36.000

Einnahmen aus BfA-Renten


    17.220

    17.220

Summe Renteneinnahme (brutto)


    53.220

    53.220

abzüglich Sozialabgaben (Vorsorgeaufwendungen)


   7.921

   7.921

Renteneinnahme nach Sozialabgaben (netto)


    45.299

    45.299

Kapitaleinnahmen


    4.800

    4.800

Vermietungseinkünfte (Überschuss)


    2.400

    2.400

insgesamt verfügbar vor Steuern


    52.499

    52.499

Darauf sind insgesamt an Einkommensteuer und   Solizuschlag zu tragen


    3.718

7.090

so dass nach Abzug aller Abgaben verbleiben


  48.281

    45.409