Steuerinfo für Rentner Nr. 94 7.11.2017
1. Vorbemerkung
Grundsätzlich können Steuerbescheide nur innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Bekanntgabe (Zustellung) vom Steuerpflichtigen angefochten werden. Das gilt auch, wenn er die Steuererklärung nachträglich ergänzen möchte.
Wer einen Einkommensteuerbescheid jedoch erhalten hat, der aufgrund einer Steuererklärung entstanden ist und bei dem ggf. Änderungen vom Finanzamt vorgenommen wurden, die nicht zu beanstanden sind, vertraut in der Regel darauf, dass damit die Steuern für dieses Kalenderjahr endgültig festgesetzt sind und nachträglich nicht mehr geändert werden. Dennoch gibt es im Steuerrecht Berichtigungs- bzw. Änderungsvorschriften, die eine Änderung auch eines endgültigen, nicht unter Vorbehalt erlassenen Steuerbescheides, zulassen. Diese sollen hier im Zusammenhang dargestellt werden und es bei geänderten Steuerbescheiden ermöglichen, die Rechtmäßigkeit der Änderung zu prüfen und über ein Rechtsmittel (Einspruchsfrist 1 Monat) eine Rücknahme bzw. Änderung zu erwirken.
2. Festsetzungsverjährung (§ 169 AO)
Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen, d.h. die Verjährung eingetreten ist. Die Festsetzungsfrist beträgt für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen 1 Jahr und für die übrigen Steuern 4 Jahre. Handelt es sich bei den festzusetzenden Steuern jedoch um leichtfertig verkürzte Beträge, beträgt die Festsetzungsfrist 5 Jahre und bei hinterzogenen Steuern sogar 10 Jahre. Ist die Verjährung eingetreten, sind selbst hinterzogene Steuerbeträge weder nach zu erheben, noch zu bestrafen.
Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden bzw. unbedingt geworden ist. Ist eine Steuererklärung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten, beginnt die Frist erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung dem Finanzamt eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des 3. Kj., das dem Kj. folgt, in dem die Steuer entstanden ist.
3. Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden (§ 172 AO)
Innerhalb der Festsetzungsverjährung dürfen Einkommensteuerbescheide, soweit sie nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, grundsätzlich nur aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird. Das gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zustimmt oder den Antrag gestellt hat oder die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft.
Eine Änderung des Steuerbescheides ist außerdem zulässig, wenn er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist, er durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt wurde oder die Änderung sonst gesetzlich zugelassen ist.
4. Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel
Nach § 173 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern,
a) soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen (z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung),
b) soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen und Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen im unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit solchen nach a) stehen.
c) Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.7.2016 wurde der § 173 a in die Abgabenordnung eingefügt. Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung der Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde bestimmte für die Steuerfestsetzung rechtserhebliche Tatsachen unzutreffend mitgeteilt hat. (Siehe auch Steuerhinweis für Rentner Nr. 76, Ziffer 8).
Abweichend von den vorgenannten Fällen können Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Ist ein Betrieb z.B. vom Finanzamt geprüft, sind die daraufhin geänderten Steuerbescheide nicht mehr änderbar, es sei denn, eine strafrechtlich relevante Steuerhinterziehung oder Steuerverkürzung wird nachträglich festgestellt.
5. Weitere Möglichkeiten der Änderung von Steuerbescheiden
Nach § 174 AO sind Steuerbescheide zu ändern oder aufzuheben, wenn ein Sachverhalt fälschlich in mehreren Steuerbescheiden berücksichtigt wurde. Die widerstreitende Steuerfestsetzung ist auf Antrag des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn sie zur Mehrfachbesteuerung geführt hat. Ist eine Vergünstigung auf Antrag des Steuerpflichtigen doppelt gewährt worden, so kann das Finanzamt von sich aus eine Korrektur durchführen.
Eine Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden ist von Amtswegen durchzuführen, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkungen für den Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird (§ 175 Abs. 1 Ziffer 1 AO). Das gilt besonders für Feststellungsbescheide, in denen die Gewinnanteile an Personengesellschaften einschließlich der anrechenbaren Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer des Gesellschafters festgestellt werden.
6. § 129 AO Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsaktes
Die Finanzverwaltung kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Wenn der Steuerpflichtige daran Interesse hat, besteht sogar eine Berichtigungspflicht. Eine Änderung der Rechtsauffassung oder Verwaltungsanweisung fällt nicht unter diese Vorschrift.
7. Schlussbemerkung
Wird ein ohne Vorbehalt erteilter Einkommensteuerbescheid ohne klar erkennbaren Grund geändert, sollte man anhand der oben aufgeführten Berichtigungsvorschriften prüfen, ob ein Änderungsgrund vorliegen kann bzw. die ggf. im Bescheid angeführte Berichtigungsbegründung zweifelsfrei vorliegt. Ist das unklar, sollte man innerhalb der Einspruchsfrist von 1 Monat gegen den Bescheid Einspruch einlegen und vom Finanzamt eine eingehende Begründung für die Änderung des Bescheides fordern. Danach ist schließlich zu entscheiden, ob der Einspruch zurückgenommen werden kann oder eine Einspruchsentscheidung eingefordert werden soll, gegen die dann ggf. Klage beim Finanzgericht eingereicht werden kann.
Helmut Laser